Planung ersetzt Zufall durch Irrtum

Albert Ein­stein bringt es auf den Punkt. Was zunächst spöt­tisch klingt, viel­leicht sogar spöt­tisch gemeint war, för­dert das Dilem­ma beherrsch­ba­rer Pro­jekt­pla­nung zu Tage. Ohne Pla­nung bleibt nur ein gefähr­li­cher Sicht­flug; man ist dem Zufall aus­ge­lie­fert. Den­noch ist auch der bes­te und genau­es­te Plan nie die Rea­li­tät; er ent­hält Annah­men über die Zukunft und ist inso­fern  immer Irr­tum. Ver­zich­ten lässt sich auf Plä­ne aber nicht ganz, denn sie geben Ori­en­tie­rung. Ori­en­tie­rung für ein Team in dem jeder Ein­zel­ne bereit­wil­lig Ver­ant­wor­tung über­nimmt für das Gesamt­vor­ha­ben. Ver­ant­wor­tungs­vol­le Mit­ar­bei­ter erhält aber nur, wer ihnen Frei­räu­me zu eige­nen Ent­schei­dun­gen im Team lässt. Genau dort liegt die größ­te Gefahr von Plä­nen: schnell wer­den sie zu genau, engen zu sehr ein und zwän­gen den Mit­ar­bei­ter in eine rein aus­füh­ren­de Rol­le ohne Freiräume.

Die Erkennt­nis von Fre­de­rick W. Tay­lor, dass die Arbei­ter selbst eben nicht in der Lage sind den Arbeits­ab­lauf und die Werk­zeu­ge zu opti­mie­ren, führ­te im Indus­trie­zeit­al­ter zur Tren­nung der pla­ne­ri­schen von den aus­füh­ren­den Tätig­kei­ten. Es pla­nen die Mana­ger und die Arbei­ter füh­ren aus. Die­ses Prin­zip hat­te für die Pro­duk­ti­on von Gütern durch­schla­gen­den Erfolg indem es die Pro­duk­ti­vi­tät um das fünf­zig­fa­che steigerte:

The most important […] con­tri­bu­ti­on of manag­ment in the 20th cen­tu­ry was the fif­ty-fold increase in the pro­duc­ti­vi­ty of the manu­al worker in manufacturing
Peter F. Dru­cker, Know­ledge-Worker Pro­duc­ti­vi­ty: The Big­gest Chall­enge. Cali­for­nia Manage­ment Review, 1999

Jedoch passt das „Sci­en­ti­fic Manage­ment“ von Tay­lor nicht für Wis­sens­ar­beit im All­ge­mei­nen und für IT-Pro­jek­te im Spe­zi­el­len. Im sel­ben Arti­kel schreibt Dru­cker über die Fak­to­ren mit wesent­li­chem Ein­fluß auf die Pro­duk­ti­vi­tät von Wissensarbeitern:

Each of the­se requi­re­ments […] is almost the exact oppo­si­te of what ist nee­ded to increase the pro­duc­ti­vi­ty of the manu­al worker.

Zwar gibt es auch in IT-Pro­jek­ten manu­el­le und wie­der­keh­ren­de Antei­le  (die opti­miert und auto­ma­ti­siert wer­den kön­nen und soll­ten), wesent­li­chen Ein­fluß auf den Pro­jekt­er­folg haben aber die ein­ma­li­gen krea­ti­ven Leis­tun­gen. Aber die las­sen sich nur bedingt pla­nen und sicher nicht detail­liert. Obers­te Füh­rungs­auf­ga­be ist es also nicht Plä­ne zu machen, son­dern die Rich­tung vor­zu­ge­ben allen zu ver­mit­teln und einen Rah­men zu schaf­fen in dem (nicht-plan­ba­re) krea­ti­ve Höchst­leis­tun­gen mög­lich und wün­schens­wert werden.

Der Plan dient als Richt­schnur: fein genug um Ori­en­tie­rung zu bie­ten und grob genug um Frei­raum für Impro­vi­sa­ti­on und Krea­ti­vi­tät zu geben. Dane­ben braucht es Ver­trau­en: in die Fähig­kei­ten der Mit­ar­bei­ter und ihren Leis­tungs­wil­len. Ein gesun­des Selbst­be­wusst­sein und ein dickes Fell sind eben­fall hilf­reich, bei­spiels­wei­se um dem Wunsch von Vor­ge­set­zen und Kun­den nach einen viel genaue­ren Plan entgegenzutreten.

Working wit­hout a plan may seem sca­ry. But blind­ly fol­lo­wing a plan that has no rela­ti­onship with rea­li­ty is even scarier.
Jason Fried, David Hein­er­mei­er Hans­son, Rework, 2010

Foto: Das Arti­kel­bild wur­de von Keoni Cabral unter dem Titel „Blue­print Unblued“ auf Flickr unter einer Crea­ti­ve Com­mons CC BY 2.0 Lizenz veröffentlicht.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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