Schlüsselaufgaben in der Führung von Wissensarbeitern

Was sind die wich­tigs­ten Auf­ga­ben je Rol­le und Zeit­pe­ri­ode? Ohne die­se Fra­ge gibt es kei­ne Effek­ti­vi­tät, höchs­tens Effi­zi­enz. Oder mit den Wor­ten von Peter F. Drucker:

The­re is not­hing so use­l­ess as doing effi­ci­ent­ly that which should not be done at all.

Wie frus­tie­rend muss es sein, nach dem Strei­chen der Mau­er fest­zu­stel­len, dass die Lei­ter am fal­schen Haus lehn­te. Ein etwas weni­ger pla­ka­ti­ves, dafür aber wah­res, Bei­spiel lie­fert die Abwick­lung des Ver­sand­ge­schäfts in den ers­ten Jah­ren von Sears Roebuck:

Zwi­schen 1906 und 1908 schaff­te Sears die zeit­rau­ben­de Arbeit ab, die das Zäh­len des Gel­des aus den ein­ge­gan­ge­nen Bestel­lun­gen bedeu­te­te. Statt die Geld­ku­verts zu öff­nen, die mit den Bestell­for­mu­la­ren ein­tra­fen, wog Sears sie auto­ma­tisch. Zu die­ser Zeit bezahl­ten so gut wie alle Sears-Kun­den mit Mün­zen. Wenn das Gewicht des Umschlags (inner­halb sehr gerin­ger Tole­ranz­gren­zen) der Auf­trags­sum­me ent­sprach, wur­de der Brief unge­öff­net zur wei­te­ren Abwick­lung weitergegeben.[1. S. 204f in Peter F. Dru­cker: Die Kunst des Manage­ments (3. Auf­la­ge). Econ Ver­lag, 2006]

Die Fra­ge nach den Schlüs­sel­auf­ga­ben beginnt immer bei der eige­nen Per­son, egal ob Sekre­tä­rin oder Vor­stands­vor­sit­zen­der. Die eige­nen Fer­tig­kei­ten wirk­sam anzu­wen­den, sie dabei viel­leicht sogar ein wenig zu ver­voll­komm­nen, trägt ganz ent­schei­dend zur Moti­va­ti­on bei.[2. vgl. Moti­va­ti­on: Was Men­schen wirk­lich moti­viert] Des­halb soll­te jeder danach stre­ben, aus der Über­fül­le der eige­nen Auf­ga­ben die­je­ni­gen aus­zu­wäh­len, die wirk­lich einen Unter­schied machen wer­den. Die ande­ren Auf­ga­ben kann man ent­we­der kom­plett igno­rie­ren bzw. abschaf­fen [3. Ein sehr schö­nes für eine offen­sicht­lich völ­lig nutz­lo­se Auf­ga­be war die Zeit­er­fas­sung, die Hen­rik Kni­berg als Lei­ter der Soft­ware­ent­wick­lung abge­schafft hat; nach­zu­le­sen hier] oder wenigs­tens minimieren.

Die Meis­ter­schaft in die­ser Dis­zi­plin ist eine not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung,  um als Füh­rungs­kraft in der Lage zu sein, die Schlüs­sel­auf­ga­ben für den eige­nen Ver­ant­wor­tungs­be­reich zu erken­nen, zu defi­nie­ren und zu ver­mit­teln. Um die Men­schen ent­lang die­ser Leit­li­ni­en zu füh­ren, bedarf es aber weit­aus mehr. Einer­seits muss die Struk­tur der Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heit pas­send gewählt wer­den: Wel­che Rol­len gibt es, wel­che Schlüs­sel­auf­ga­ben haben die­se jeweils und wie arbei­ten sie zusam­men? Ande­rer­seits müs­sen die Rol­len pas­send besetzt wer­den: Wer ist für die Schlüs­sel­auf­ga­ben die­ser Rol­le am geeig­nets­ten? Die­se bei­den Fra­gen zu beant­wor­ten, ist für ein neu zu for­men­des Pro­jekt­team sicher­lich unpro­ble­ma­ti­scher als für eine ver­krus­te­te Ein­heit in der Lini­en­or­ga­ni­sa­ti­on. Zu den Schlüs­sel­auf­ga­ben einer Füh­rungs­kraft gehört es aber in jedem Fall.

Tra­di­tio­nell stün­de die Füh­rungs­kraft mit die­ser Auf­ga­be allei­ne da. Zum Glück sind die Zei­ten des Tay­lo­ris­mus aber vor­bei, in denen nur das Manage­ment denkt, also die Auf­ga­ben ana­ly­siert und zer­legt. Im Kon­text von Wis­sens­ar­beit darf die Füh­rungs­kraft die­se Auf­ga­be gar nicht mehr ohne ihre Mit­ar­bei­ter lösen:

Work on know­ledge-worker pro­duc­ti­vi­ty the­r­e­fo­re beg­ins with asking the know­ledge worker them­sel­ves: „What is your task? What should it be? What should you be expec­ted to con­tri­bu­te? And what ham­pers you in doing your task and should be eli­mi­na­ted?“ Know­ledge worker them­sel­ves almost always have thought through the­se ques­ti­ons and can ans­wer them. Still, it then usual­ly takes time and hard work to res­truc­tu­re their jobs so that they can actual­ly make the con­tri­bu­ti­on they are alre­a­dy being paid for. [4. S. 125 in Peter F. Dru­cker: Manage­ment chal­lenges for the 21st cen­tu­ry. But­ter­worth Hei­ne­mann, 2007]

Die Mit­ar­bei­ter selbst wis­sen sehr gut wo ihre Schlüs­sel­auf­ga­ben lie­gen, wel­chen Bei­trag sie leis­ten soll­ten und was sie dar­an hin­dert. Die Auf­ga­be einer Füh­rungs­kraft ähnelt damit der eines Dirigenten[4. vgl. “Wenn Du am Ende der Vor­stel­lung schwitzt, hast Du etwas falsch gemacht.”]: Das Stück aus­wäh­len und die Inter­pre­ta­ti­on des Stücks vor­ge­ben, die Rol­len pas­send zum Stück besetz­ten und das Zusam­men­spiel immer wie­der üben und verbessern.[5. vgl. Team­ent­ste­hung braucht Zeit] Die Füh­rungs­kraft muss die Zie­le und die Leit­plan­ken vor­ge­ben, also das WARUM und WOHIN, aber auf kei­nen Fall das WIE.[6. vgl. “Wer ein WARUM zum Leben hat, erträgt fast jedes WIE.”] Ist das WARUM sinn­voll gewählt, wird jeder Wis­sens­ar­bei­ter selbst Moti­va­ti­on aus der Sinn­haf­tig­keit sei­nes Tuns schöp­fen kön­nen; schließ­lich hat er selbst sei­nen Bei­trag zum Gan­zen defi­niert. Er wird also nicht das Gefühl haben, nur Stei­ne zu klop­fen, son­dern an einer Kathe­dra­le zu bauen.

Eine wirk­sa­me Füh­rungs­kraft muss ers­tens sich selbst füh­ren kön­nen im Sin­ne von Erken­nen und Aus­wahl der eige­nen Schlüs­sel­auf­ga­ben. Sie muss zwei­tens das WARUM und WOHIN, also Sinn, Zie­le und Rah­men­be­din­gun­gen, für ihre Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heit fest­le­gen und ver­mit­teln kön­nen. Sie muss drit­tens ihrer Ein­heit Struk­tur geben und die Rol­len gemäß der jewei­li­gen Schlüs­sel­auf­ga­ben beset­zen. Und schließ­lich muss sie bei alle­dem auf ihre Mit­ar­bei­ter hören.

PS.: Das Foto wur­de von Heinz Has­sel­berg, Stein­furt, unter dem Titel „002 His­to­ri­sche Biblio­thek (Taci­tus) 02“ in der kos­ten­lo­sen Bild­da­ten­bank www.piqs.de zur Ver­fü­gung gestellt. (Some rights reser­ved.)

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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