Management by surprise

Das Team steht unter Voll­last. Es geht gut vor­an. Die Rich­tung stimmt. Das eige­ne Bauch­ge­fühl ist gut, das Ver­trau­en in die Mann­schaft uner­schüt­ter­lich. Das gan­ze Umfeld des Pro­jekts sieht das genau­so. Das gan­ze Umfeld? Nein. Es gibt immer Inter­es­sen­ten am Pro­jekt, die ein weni­ger gutes Gefühl dabei haben oder weni­ger Ver­trau­en haben. Denen reicht das gute Bauch­ge­fühl und Ver­trau­en nicht: es müs­sen „Bewei­se“ her. Und schon ist es wie­der soweit: völ­lig über­ra­schend muss das Team, das weder Lust noch Zeit hat, inner­halb kür­zes­ter Zeit Foli­en und Tabel­len fül­len, um den Fort­schritt manage­ment­taug­lich dar­stel­len zu kön­nen. Aber muss das immer so sein? Die­ses Manage­ment by sur­pri­se und der damit ein­her­ge­hen­de Frust las­sen sich mit etwas Weit­blick leicht vermeiden.

Sol­che spon­ta­nen Aktio­nen sind für alle Betei­lig­ten äußerst unbe­frie­di­gend. Die Fol­gen sind:

  1. Frust beim Team, weil die Mit­ar­bei­ter die­se ver­trau­ens­bil­den­den Maß­nah­men als nicht wert­schöp­fend anse­hen, viel lie­ber ihrer eigent­li­chen Arbeit nach­gin­gen und völ­lig zu Recht ver­är­gert sind, wenn die­se Aktio­nen unge­plant und zusätz­lich anfal­len. Dar­über­hin­aus wer­den sol­che „Kon­trol­len“ als Miss­trau­en emp­fun­den, gera­de dann wenn man selbst eigent­lich der Mei­nung ist gut voranzukommen.
  2. Ärger beim Pro­jekt­ma­na­ger über die ent­spre­chend wider­wil­lig und schlam­pig gepfleg­ten Tabel­len und has­tig erstell­ten Foli­en: schließ­lich muss er dafür gera­de ste­hen und wird die Prü­gel dafür kassieren.
  3. Ver­trau­ens­ver­lust bei den Inter­es­sen­ten, für die die­ser gan­ze Zir­kus ver­an­stal­tet wur­de, weil der Sta­tus­be­richt sicht­lich schlam­pig und der Fort­schritts­be­richt feh­ler­haft ist. Wenn die­se dann ohne­hin schon kein gro­ßes Ver­trau­en hat­ten, kommt es zu einer selbst­er­fül­len­den Pro­phe­zei­hung: „Wuss­te ich es doch!“

Da kein Pro­jekt ohne Inter­es­sen­ten und Umfeld aus­kommt, sogar viel­mehr der Zweck und der Nut­zen eines Pro­jekts genau in die­sem Umfeld, also außer­halb, zu suchen ist, tut der Pro­jekt­ma­na­ger gut dar­an den Infor­ma­ti­ons­be­darf der Inter­es­sen­ten vor­her­zu­se­hen und im Pro­jekt von Anfang an zu ver­an­kern. Idea­ler­wei­se in Form eines im Team akzep­tie­ren Werk­zeugs. Dann geschieht die Aktua­li­sie­rung aus eige­nem Antrieb und zum eige­nen Nut­zen. Agi­le Vor­ge­hens­wei­sen haben das erkannt und uns bei­spiels­wei­se Burn­down-Charts und Kan­ban-Boards zur Visua­li­sie­rung und zur Ori­en­tie­rung beschert. Wie­der ist das kon­kre­te Werk­zeug nicht ent­schei­dend, son­dern dass man sich früh­zei­tig über die­se Anfor­de­rung Gedan­ken gemacht hat und eine im Team akzep­tier­te Lösung umge­setzt hat. Damit ist wenigs­tens der Über­ra­schungs­ef­fekt weg, wenn wie­der Mal das Manage­ment oder ein ande­rer Inter­es­sent einen Über­blick haben will.

Dum­mer­wei­se ist das aber nur die hal­be Mie­te, denn das was das Team als nütz­li­ches Werk­zeug emp­fin­det ist nur in den sel­tens­ten Fäl­len deckungs­gleich mit dem was sich das Umfeld an Infor­ma­ti­on wünscht. Das Ziel muss es sein, dass das was das Team ohne­hin doku­men­tiert von allen Inter­es­sen­ten rich­tig ver­stan­den wird und als pas­send ange­se­hen wird. Lei­der ist das fast nie der Fall. Abhil­fe schaf­fen muss der Pro­jekt­ma­na­ger selbst — nicht das Team. Das kann bedeu­ten, dass die Infor­ma­tio­nen noch manage­ment­taug­lich auf­be­rei­tet und zusam­men­ge­fasst wer­den müs­sen. Aber es kann auch bedeu­ten, sich die Zeit zu neh­men und den Inter­es­sen­ten die Werk­zeu­ge und Arbeits­wei­se des Teams zu erklären.

Bildnachweis

Das Arti­kel­bild wur­de von Ben­son Kua unter dem Titel „Sur­pri­se!!! 4/365“ auf Flickr ver­öf­fent­licht (Bestimm­te Rech­te vor­be­hal­ten).

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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