Projektcoaching (26): Verbindlichkeit

Nein, ich will kei­nen Druck auf mei­ne Mit­ar­bei­ter aus­üben. Schließ­lich weiß ich noch ganz genau wie es sich anfühl­te, wenn wie­der ein­mal ein völ­lig ahnungs­lo­ser Mana­ger irgend­was in lächer­lich kur­zer Zeit von mir woll­te. Auf kei­nen Fall will ich so mit mei­nen Mit­ar­bei­tern umge­hen. Wenn mei­ne Mit­ar­bei­ter bloss ein wenig selb­stän­di­ger wären. Letz­te Woche habe ich mit Ste­fan über eine über­sicht­li­che Dar­stel­lung der Pla­nung des Abnah­me­tests gespro­chen. Wir waren uns doch einig, dass man so etwas braucht. Bis heu­te habe ich noch nichts davon gese­hen. Ste­fan ist doch Test­ma­na­ger, da ist es doch sei­ne Auf­ga­be eine sol­che Über­sicht zu erstel­len. Mor­gen brau­che ich den Plan jeden­falls im Sta­tus­mee­ting. Hof­fent­lich hat Ste­fan ihn schon fertig.

Hat­te Ste­fan natür­lich nicht. Wie denn auch, wir hat­ten ja auch nicht ver­ein­bart, dass er etwas machen soll geschwei­ge denn bis wann er fer­tig sein soll. Ange­hen­de Pro­jekt­ma­na­ger nei­gen dazu den Druck den sie selbst frü­her von ihren Füh­rungs­kräf­ten erfah­ren haben jetzt in der Füh­rung ihrer Mit­ar­bei­ter zu ver­mei­den. Sie fin­den es nicht ange­bracht oder füh­len sich unwohl dabei, kla­re Auf­trä­ge zu for­mu­lie­ren, ein­deu­ti­ge Ver­ant­wort­lich­kei­ten fest­zu­le­gen und fes­te Ter­min zu ver­ein­ba­ren. Das ist ja alles irgend­wie so for­dernd und drängend.

In ihrem Bestre­ben auf ihre Mit­ar­bei­ter nicht zu viel Druck aus­zu­üben, errei­chen ange­hen­de Füh­rungs­kräf­te jedoch meist nur Cha­os und Frust. Die Zusam­men­ar­beit im Team und mit Stake­hol­dern erfor­dert eine gewis­se Ver­bind­lich­keit. Wer die­se nicht her­stel­len kann oder will, hat sei­ne neue Rol­le als Füh­rungs­kraft noch nicht ver­stan­den, denn die Auf­ga­be ist es letzt­lich, die Arbeits­kraft und Krea­ti­vi­tät der Mit­ar­bei­ter pro­duk­tiv ein­zu­set­zen. Und das geht nicht in Form von „Wir-müss­ten-eigent­lich“- oder „Man-sollte-doch“-Aufgaben.

Abge­se­hen von dem unpro­duk­ti­ven Cha­os, lei­den auch die Mit­ar­bei­ter unter zu wenig Ver­bind­lich­keit. Ers­tens wis­sen sie nie wor­an sie sind: Soll ich jetzt etwas machen? Was genau? War­um und für wen? Bis wann? Und zwei­tens ereilt sie der Druck in geball­ter Form, wenn die am Kaf­fee­au­to­ma­ten bespro­che­ne, dann aber in Ver­ges­sen­heit gera­te­ne, „Wir-müssten-eigentlich“-Aufgabe plötz­lich drin­gend wird.

Auch wenn es sich zunächst komisch anfühlt, Auf­ga­ben mit Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Ter­mi­nen glas­klar zu for­mu­lie­ren, ist genau das eine Grund­tu­gend jeder Füh­rungs­kraft. Ter­mi­ne zu ver­ein­ba­ren heißt nicht Druck auf­bau­en, son­dern einen Rah­men zu ste­cken in dem die Auf­ga­be sich sinn­vol­ler­wei­se bewe­gen muss. Oft wird das Ver­ein­ba­ren von Ter­mi­nen mit dem Dik­tie­ren von Ter­mi­nen ver­wech­selt. In vie­len Fäl­len kann man aber ein­fach den Mit­ar­bei­ter nach dem Fer­tig­stel­lungs­ter­min fra­gen. Solan­ge man die­sen dann notiert und auch wirk­lich ver­folgt. Wenn eine Auf­ga­be sinn­voll und wich­tig ist, dann hat sie es auch ver­dient im Auge behal­ten zu wer­den. Zur Ver­bind­lich­keit gehört also auch ein was­ser­dich­tes Sys­tem zur Nach­ver­fol­gung von Auf­ga­ben. Sie sind es Ihren Mit­ar­bei­tern schul­dig, denn jede ver­ges­se­ne Auf­ga­be heißt, dass jemand an etwas arbei­tet, das nicht (mehr) wich­tig ist. Und das Gefühl ist für den Mit­ar­bei­ter viel schlim­mer als der ver­meint­li­che Druck eines selbst­ge­set­zen Termins.

Zum Abschluss die 8 Regeln für tota­len Still­stand im Unter­neh­men von Prof. Peter Kru­se, in dem er gleich zu Beginn rät, als Füh­rungs­kraft am bes­ten immer alles an sich zu rei­ßen und dann von Zeit zu Zeit völ­lig Frei­heit zu las­sen. Aber auch die rest­li­chen „Regeln“ sind äußerst hilfreich.

Vorangegangene Teile der Serie Projektcoaching

Bildnachweis

Das Arti­kel­bild wur­de von bud­da­wig­gi unter dem Titel „hand­shake“ auf Flickr unter eine Crea­ti­ve Com­mons Lizenz (CC BY 2.0) ver­öf­fent­licht (Bestimm­te Rech­te vor­be­hal­ten).

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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