Über 100 Teilnehmer trafen sich vom 14. bis 16. November in Dornbirn zum mittlerweile dritten PM Camp, um gemeinsam und auf Augenhöhe Projektmanagement neu zu denken. Die vergangenen Tage auf dem PM Camp Dornbirn waren für mich unglaublich spannend und fordernd. Ich habe viele alte Bekannte endlich wieder getroffen, viele Menschen, mit denen ich bisher nur virtuell vernetzt war, endlich persönlich kennengelernt und nicht zuletzt auch viele neue Kontakte geknüpft. Die beiden Impulsvorträge waren auf ihre jeweilige Art sehr inspirierend und die Qualität der Sessions war insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Sowohl als Teilnehmer als auch als Mitglied des PM Camp Kernteams bin ich rundum zufrieden.
Aus unserer Idee einer Projektmanagment-Unkonferenz hat sich inzwischen eine ganze PM Camp Bewegung entwickelt mit PM Camps in Stuttgart, Bad Homburg, Wien und Berlin mit ca. 400 Teilnahmen in 2013 insgesamt. In 2014 werden voraussichtlich noch Zürich (25. und 26. April) und Barcelona dazu kommen und weitere PM Camps waren im Gespräch.
Wir haben der PM Camp Bewegung den folgenden Auftrag gegeben:
Das PM Camp bringt Menschen auf Augenhöhe zusammen, um von- und miteinander zu lernen und gemeinsam die Zukunft des Projektmanagements zu gestalten.
Daran müssen wir uns messen lassen. Beginnen wir mit dem Prinzip der Augenhöhe. Viele Teilnehmer kannten sich schon vorher und freuten sich auf ein Wiedersehen, wodurch das PM Camp Dornbirn in gewisser Weise immer auch zu einer Art Klassentreffen wird. Die große Herausforderung dabei ist – insbesondere am ersten Abend – die freundschaftliche Integration der neuen Teilnehmer, was dieses Jahr in meiner Wahrnehmung gut gelungen ist. Zu dieser intimen Atmosphäre trägt das auf PM Camps übliche Du entscheidend bei, das bei der Eröffnung am Freitag wieder bereitwillig von allen angenommen wurde.
Spätestens ab dem ersten Impulsvortrag von Frank Blome war dann klar, dass das hier keine normale Konferenz mit der üblichen Beweihräucherung werden wird, sondern Klartext geredet wird. Frank schilderte uns schonungslos und sehr selbstkritisch die Hürden und Herausforderungen seiner verteilten Softwareentwicklung bei ProjectWizards. Sehr plastisch und drastisch zeigte er uns einmal mehr, dass man keiner Methode blind folgen darf und sei das Heilsversprechen noch so groß (siehe auch Meine Philosophie).
Nach dem Impulsvortrag wechselt das PM Camp dann endgültig in den Barcamp-Modus indem die Teilnehmer nun ihre Sessions vorstellen. Die Schlange war sehr schnell sehr lang und die 24 verfügbaren Slots füllten sich sogleich mit einer Fülle spannender Themen, von Klassikern wie der Rolle des Auftraggebers über Innovatives wie den Projektinszenator oder der No-Estimates Bewegung bis hin zu Agilen Praktiken in der Familie oder einer Lektion in aufrechtem Stehen. Die Qual der Wahl war entsprechend groß oder wie die erfahreneren PM Camp Teilnehmer sagen: »Das Leben ist eine Folge verpasster Gelegenheiten.«
Schon mit den Sessions des ersten Tages war für mich der zweite Teil unseres Auftrags, nämlich von- und miteinander lernen, voll und ganz erfüllt. Selten habe ich in so kurzer Zeit so viele wertvolle Impulse erhalten. In den Sessions einerseits, aber auch in den Gesprächen dazwischen.
Der erste Tag des PM Camps endete wie immer mit einer Abendveranstaltung, die in den Jahren zuvor einen Partycharakter hatte. Wir hatten uns dieses Jahr ganz bewusst für ein gemütliches Abendessen entschieden, das wirklich sehr gut war. Die Party fand dann nach von den Teilnehmern recht spontan organisiertem und ausgiebigem Whisky-Tasting im Büro von Stefan Hagen statt. Danke, Stefan!
Mit seinem Impulsvortrag am Beginn des zweiten Tags setzte Jörg Schindler Projekte und Projektmanagement in den viel größeren Kontext unseres nicht sehr nachhaltigen Wirtschaftssystems, das immer mehr an seine Grenzen stößt. Wir befinden uns »an einem revolutionären Wendepunkt, nämlich dem Übergang von einem fossil getriebenen Kapitalismus zu einer postfossilen Gesellschaft«. Die große Frage ist, wie dieser Umbruch verträglich gestaltet werden kann. Hier kommt das Stichwort der Resilienz, also der Fähigkeit eines Systems mit Veränderungen umzugehen, ins Spiel als Kontrapunkt zur Effizienz, die für diese Phase des Umbruchs nicht mehr taugt als alleiniger Maßstab. Mit seinen eindringlichen Worten (ohne jegliche Folien) schaffte es Jörg uns wachzurütteln und zur Diskussion und zum Nachdenken anzuregen. Er öffnete uns die Augen für den immer vorhandenen größeren Kontext, in dem sich unser aller Projekte abspielen. Nachzulesen ist der Vortrag auf openPM.
Auch die Sessions des zweiten Tages füllten sich sehr schnell mit Themen. Von »Klassikern« wie dem Delegation Poker oder Lego Serious Play über neue Werkzeuge wie eine Negotiation Canvas hin zu Themen der Nachhaltigkeit und des Umdenkens, die eindeutig vom vorausgehenden Impulsvortrag inpsiriert waren. Damit wurde das PM Camp dann endgültig seinem Anspruch gerecht, die Zukunft des Projektmanagements zu gestalten.
Fazit
Für mich bisher das beste PM Camp in Dornbirn. Ich bin rundum zufrieden. Die Fülle der Impulse und die inspirierenden Gespräche mit Menschen, mit denen ich das Jahr über virtuell vernetzt bin, machen das PM Camp Dornbirn immer wieder zu einem Highlight für mich. Ganz besonders bemerkenswert fand ich dieses Jahr die beiden Impulsvorträge und die hohe Qualität der angebotenen Sessions, die auch schon auf openPM dokumentiert wurden und sicher noch weiter dokumentiert werden.
9 Kommentare
Sehr schöner Beitrag, Herr Raitner. Ich werden den Artikel bei meinen Kollegen verteilen um damit Werbung für die Idee des PM Camp zu machen. Beste Grüße Erwin Zauner
Vielen Dank, Herr Zauner! Mir war wichtig, dass der Ablauf, die Themen und die Stimmung des PM Camps verständlich und nachvollziehbar werden auch wenn man selbst nicht teilnehmen konnte. Ich hoffe damit Lust auf mehr PM Camps gemacht zu haben.
Aus meiner Sicht haben sie das zu 100 % erreicht. Ich spreche oft in unserem „PM Kreis“ über das Thema PM Camp. Und Ihr Artikel hilft mir, die Idee besser zu vermitteln.
Danke das freut mich sehr! Sowohl, dass Sie Werbung für das PM Camp machen und dass Ihnen der Artikel gefällt und dabei hilft. Vielen Dank!
Hallo Marcus,
während ich deinen Bericht lese, wogen noch einmal meine erlebten Bilder am geistigen Auge vorbei. Danke dafür und deinen warmen und unkomplizierten Empfang und Aufnahme eines Newbies in die Gemeinschaft.
Hallo Michael, freut mich sehr, dass Du Dich wohl und willkommen gefühlt hast. Danke meinerseits für Dein engagiertes Mitdiskutieren und nicht zuletzt für Deine prompte Überarbeitung des openPM Mission Statements!
Wird der Vortrag: „Agile Familie“ von Ralf Jocham noch zur Verfügung gestellt? Darauf hatte ich mich am meisten gefreut.
BTW: Ich verfolge Dich ja schon einige Zeit auf Twitter und habe auch Deine Tweets um PM Camp Dornbirn 2013 gelesen. Richtet sich das Camp auch an Interessierte zu dem Thema – an Leute die nicht wie Du so tief in der Materie stecken? Ich bin mir sicher, viel für meine Arbeit mitnehmen zu können.
2014 würde ich mir auf jeden Fall gern vormerken.
Ich habe Ralf gebeten seinen Vortrag auf openPM zur Verfügung zu stellen und er hat zugestimmt. Ich hoffe das kommt noch, finde ich nämlich hochspannend.
Das PM Camp ist ein Barcamp und insofern sind die die kommen die richtigen. Wenn Dich die Themen ansprechen, dann komm einfach. Würde mich freuen.
Hier der Link auf die Dokumentation der Session von Ralf Jocham zur Agilen Familie.