Sobald ein Projekt aus mehreren Teilprojekten besteht, stellt sich die Frage, wie über diese Teilprojekte hinweg konsistentes Projektmanagement aussehen kann. Egal ob Riskiomanagement, Stakeholderanalyse, Budgetplanung oder Projektplanung, die naheliegende Antwort lautet fast immer: Jedes Teilprojekt für sich und dann schnell zusammenfügen. Selbst mit ein paar Leitlinien ausgestattet führt dieser Prozess immer zu maximaler Heterogenität in den gemeinsamen Artefakten, die damit oft wertlos werden.
Ihr seid doch alles Profis und wisst ja wie man einen Projektplan erstellt. So oder so ähnlich starten vielen Aufträge an Teilprojektleiter in der Hoffnung, dass am Ende mehr oder weniger magisch ein konsistentes Ergebnis entsteht. Selbst wenn jeder die Methodik blind beherrscht (wovon man nie ausgehen sollte), bleibt immer noch so viel Gestaltungsspielraum, dass man garantiert die einzelnen Ergebnisse nicht einfach zusammenfügen kann oder jedenfalls dadurch kein gutes Ergebnis erzielt. Allein die Frage, wie fein granualar zu planen ist, lässt sich breit und lang diskutieren, genauso wie die Frage nach der richtigen hierarchischen Strukturierung oder wie Risiken richtig zu formulieren sind.
Die naheliegende Lösung der Prozessfetischisten lautet dann meistens: Wir brauchen Leitlinien und Prämissen, nach denen dann alle zu arbeiten haben. Sicherlich besser als reines laissez-faire, aber immer noch suboptimal. Einerseits bleibt immer noch genügend Interpretationsspielraum, um beliebig inkonsistente Ergebnisse zu erzeugen. Andererseits entsteht der Mehrwert ja nicht im simplen Zusammenfügen, sondern gerade durch die gemeinsame Arbeit an einem gemeinsamen Ergebnis. Wie schon Eisenhower erkannte, ist der Weg das Ziel.
In preparing for battle I have always found that plans are useless, but planning is indispensable.
Dwight D. Eisenhower
Egal ob Projektplanung, Risikomanagement, Stakeholdermanagement, Budgetplanung, usw., nützliche Ergebnisse über die Teilprojekte hinweg entstehen nur in einem geführten und moderierten Prozess. In der Praxis bewährt hat sich eine dreistufige Vorgehensweise. Im ersten Schritt bereiten die Teilprojekte mit ein paar Prämissen ausgestattet, die Teilergebnisse getrennt voneinander vor. Die eigentliche Arbeit aber beginnt im zweiten Schritt, in dem ein übergreifender Projektleiter mit dem jeweiligen Teilprojektleiter diese Vorarbeiten mit Verstand und Erfahrung hinterfrägt und in ein gemeinsames Artefakt überführt und Querverbindungen herstellt. Im dritten Schritt wird das gemeinsame Ergebnis mit allen beteiligten Teilprojektleitern gemeinsam besprochen und vereinbart, so dass jeder die Abhängigkeiten seines Teils zu den anderen und zum Ganzen besser versteht.
Bei diesem Prozess geht es nicht zuletzt um die Verantwortung für übergreifende Projektmanagement-Artefakte. Ein einfaches Zusammenfügen führt in der Regel dazu, dass niemand für das gemeinsame Ergebnis verantwortlich ist und so sieht dieses dann auch aus. Da die meisten Probleme in größeren Projekten ja gerade an den Schnittstellen zwischen den Teilen entstehen, ist genau dieses Vorgehen aber im wahrsten Sinne des Wortes verantwortungslos. Ein übergreifender Projektleiter muss sich für die gemeinsamen Artefakte verantwortlich fühlen und diese in einger Zusammenarbeit mit den Teilprojektleitern mit Verstand und Erfahrung erarbeiten. Und bevor wir gleich in die nächste Falle tappen: Keines der Projektmanagement-Artefakte ist jemals final, vielmehr ist die gemeinsame Arbeit daran ein kontinuierlicher Prozess.
Plans are only good intentions unless they immediately degenerate into hard work.
Peter F. Drucker
4 Kommentare
Hallo Marcus,
hast du schonmal das VSM auf deine Projektarbeit angewendet – es liefert als Analyse und Referenzmodell sehr viele Antworten, insbesondere wenn es um das Thema Unternehmenscohäsion geht. Siehe auch hier http://www.k‑bpm.de/allgemein/vom-ganzen/
Grüße Michael
Hallo Michael, das höre ich zum ersten Mal. Schönes Modell, das mein Bauchgefühl gut beschreibt. Vielen Dank für diesen Link.
Vielen Dank für den guten Artikel, die beschriebenen drei Schritte sind aus eigener Erfahrung wirklich hilfreich. Ich würde gerne noch zwei Punkte ergänzen:
Schritt 0: Bevor ich die Teilprojektleiter in ihre Teams losschicke, brauche ich ein gemeinsames Verständnis. Anstatt „ein paar Prämissen“ würde ich ein eindeutiges und messbares Ziel für das Projekt beschreiben. Wenn dann noch die Teilprojekte einen abgegrenzten Aufgabenbereich erhalten, kann es losgehen.
Schritt 3,5: Der kontinuierliche Prozess, wie von Dir angerissen, ist natürlich elementar im Projektverlauf. Wichtig ist hier, dass der Projektleiter sich nicht nur kurz und allgemein den Status berichten lässt, sondern für inhaltlichen Austausch über die Teilprojekte hinweg sorgt. So wird hoffentlich rechtzeitig erkannt, wenn es einen Zielkonflikt gibt oder einzelne Aktivitäten in verschiedenen Teilprojekten voneinander abhängen. Da darf sich der Gesamtprojektleiter auch nicht zu schade sein, inhaltlich mit einzusteigen.
Vielen Dank für die wertvollen und wichtigen Ergänzungen. Von einem gemeinsamen klar definierten Ziel bin ich implizit ausgegangen, wir wissen jedoch beide, dass das in der Praxis gerade bei großen Programmen nicht immer so einfach ist. Natürlich endet der Dialog nicht mit der Erstellung des Plans, vielmehr ist das der Einstieg in eine, wie von Dir skizzierte, fruchtbare und intensive Zusammenarbeit über alle Teilprojekte hinweg.