Führen mit Auftrag: Warum statt Wie!

Nicht zuletzt Rein­hard K. Spren­ger attes­tiert vie­len Unter­neh­men eine fata­le Ten­denz zur Ent­mün­di­gung und Infan­ti­li­sie­rung der Mit­ar­bei­ter. Die­se Kul­tur äußert sich ins­be­son­de­re in Form von Mikro­ma­nage­ment. Die­ser Hang das Wie eines Auf­trag nicht dem Aus­füh­ren­den zu über­las­sen, son­dern als Mana­ger vor­zu­ge­ben, ist Gift für die Moti­va­ti­on und Pro­duk­ti­vi­tät der Wis­sens­ar­bei­ter. Von der Pro­duk­ti­vi­tät, Moti­va­ti­on und Krea­ti­vi­tät der Wis­sens­ar­bei­ter wird aber das Über­le­ben vie­ler Unter­neh­men ange­sichts der kom­ple­xen Her­aus­for­de­run­gen des digi­ta­len Wan­dels in einer glo­bal ver­netz­ten Welt abhän­gen. Wie Füh­rung in kom­ple­xen Situa­tio­nen ohne Mir­ko­ma­nage­ment geht, macht das Mili­tär schon seit lan­gem vor mit dem Prin­zip des Füh­rens mit Auf­trag: War­um statt Wie.

Hin­ter dem Mikro­ma­nage­ment steckt das sehr tay­lo­ris­ti­sche Prin­zip des hel­den­haf­ten all­wis­sen­den und alles steu­ern­den Mana­gers. Das ist zwar gut geeig­net, um sta­bi­le Pro­zes­se zu steu­ern (und fühlt sich für den Mana­ger auch toll an), ent­hebt die Mit­ar­bei­ter aber auch der Ver­ant­wor­tung des Mit­den­kens und Mit­ge­stal­tens. Mit die­ser Krea­ti­vi­täts­apart­heid (Gary Hamel) ist das gesam­te Sys­tem prin­zi­pi­ell nur so krea­tiv und ent­schluss­freu­dig wie sein Manage­ment und wenig robust gegen­über Aus­fäl­len und Eng­päs­sen in der Befehls- und Entscheidungskette.

Why is it every time I ask for a pair of hands, they come with a brain attached
Hen­ry Ford

Das Mili­tär muss­te sich schon immer mit Füh­rung in kom­ple­xen und lebens­ge­fähr­li­chen Situa­tio­nen aus­ein­an­der­set­zen. Wenn damit gerech­net wer­den muss, dass sich wäh­rend des Kamp­fes ers­tens die Lage grund­le­gend ändert hat und zwei­tens der Vor­ge­setz­te zeit­wei­se oder gar nicht mehr erreich­bar ist für Rück­fra­gen zur Ände­rung der Aus­füh­rung des Plans, dann ist es von gro­ßem Vor­teil, wenn die Ein­hei­ten allei­ne im Sin­ne des Ziels des Auf­trags ent­schei­den kön­nen und dür­fen. Genau das bedeu­tet Füh­ren mit Auf­trag: Der mili­tä­ri­sche Füh­rer gibt den Geführ­ten nur das Ziel und Rah­men­be­din­gun­gen (Zeit, Res­sour­cen) vor. Der Geführ­te ver­folgt auf die­ser Basis das Ziel eigen­stän­dig. Rea­li­tät beim Mili­tär seit vie­len Jahr­zehn­ten, Uto­pie für so man­chen Mit­ar­bei­ter auch heu­te noch.

Kein Plan über­lebt die ers­te Feindberührung!
Hel­muth Graf von Moltke

In der Wirt­schaft kämp­fen wir zum Glück nicht um Leben und Tod von Men­schen, aber sehr wohl um das Über­le­ben von Unter­neh­men in immer kom­ple­xe­ren und schnel­le­ren Märk­ten. Die Lage kann sich auch hier schnel­ler ändern als die Stra­te­gie zen­tra­lis­tisch ange­passt wer­den kann. Mir­ko­ma­nage­ment und Tay­lo­ris­mus füh­ren in sol­chen Situa­tio­nen schnell zu einem Ent­schei­dungs­stau im Manage­ment, weil die Mit­ar­bei­ter nicht allei­ne im Sin­ne des stra­te­gi­schen Ziels ent­schei­den kön­nen, dür­fen und auch nicht wol­len aus Angst vor Feh­lern.

Füh­rung ist heu­te nur noch legi­tim, wenn sie die Selbst­füh­rung der anver­trau­ten Mit­men­schen zum Ziel hat.
Götz W. Werner

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

7 Kommentare

Ich weiß nicht, wie Euer Mili­tär mit­tels ‚war­um‘ führt, hal­te das aber jeden­falls für nicht ziel­füh­rend. ‚War­um‘ (eben­so ‚wes­halb‘ und ‚wie­so‘) gilt als ‚Gerichts­fra­ge‘, weil es Grün­de für (vor allem, aber nicht nur, erfolg­tes) Han­deln zu ermit­teln ver­sucht – und damit Rech­fer­ti­gung evo­ziert. Typisch für die Situa­ti­on vor dem Rich­ter. Das bringt einer Füh­rungs­kraft aber nichts: wie soll sie füh­ren, wenn sie sich stän­dig recht­fer­ti­gen will, muss oder auch nur die­sen Ein­druck erweckt?
Viel­mehr geht es dar­um, den Zweck und den Nut­zen des beab­sich­tig­ten Han­delns anzu­spre­chen. Die Fra­ge danach ist ‚wozu‘ und die führt, wenn sie befrie­di­gend beant­wor­tet wer­den kann, auto­ma­tisch auf den rich­ti­gen Weg. Und dann ist es auch sinn­voll, nach dem ‚wie‘ zu fragen…
Herz­li­che Grüße
Leo

Dan­ke für Dei­ne Prä­zi­sie­rung, Leo! Ich war sprach­lich unsau­ber; ich mein­te mit ‚War­um‘ den Zweck des Auf­trags, ‚Wozu‘ wäre da tat­säch­lich das bes­se­re deut­sche Wort.

Ein wun­der­ba­rer Bei­trag. Er zeigt deut­lich auf, dass wir uns nicht mehr im Indus­trie­zeit­al­ter, son­dern im Tal­entzeit­al­ter, befin­den. Set­ze die Mit­ar­bei­ter Stär­ken-gerecht ein und erlau­be ihnen auch, ihre Stär­ken zu nut­zen. Gera­de für KMU ist die so gewon­ne­ne Moti­va­ti­on der Mit­ar­bei­ter überlebensnotwendig.

Herz­li­che Grüße

War­um? die Fra­ge von wiss­be­gie­ri­gen Kin­dern, die so die Welt ent­de­cken, tut uns Erwach­se­nen mehr als gut. Sie steht am Beginn des Ler­nens und der Ver­än­de­rung. Das lässt sich sogar neu­ro­wis­sen­schaft­lich nach­wei­sen. Daher: ein wert­vol­ler Bei­trag, die­ses Fra­ge­wort aus der Tabu­zo­ne zu holen und uns Erwach­se­nen damit einen ver­lo­re­nen Schlüs­sel zu Neu­em zurückzugeben.

War­um? die Fra­ge von wiss­be­gie­ri­gen Kin­dern, die so die Welt ent­de­cken, tut uns Erwach­se­nen mehr als gut. Sie steht am Beginn des Ler­nens und der Ver­än­de­rung. Das lässt sich sogar neu­ro­wis­sen­schaft­lich nach­wei­sen. Daher: ein wert­vol­ler Bei­trag, die­ses Fra­ge­wort aus der Tabu­zo­ne zu holen und uns Erwach­se­nen damit einen ver­lo­re­nen Schlüs­sel zu Neu­em zurückzugeben.

Vie­len Dank! Das kann ich nur bestä­ti­gen und erfah­re ich täg­lich mit unse­ren bei­den Kin­dern (2 und 4 Jahre).

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