Ermächtigung zur Arbeit am System

Selb­st­be­stimmt­heit ist ein ent­schei­den­der Moti­va­ti­ons­fak­tor für Wis­sens­ar­bei­ter. Mit­ar­bei­ter erwar­ten mitt­ler­wei­le, dass sie im Rah­men eines sinn­vol­len über­ge­ord­ne­ten Zwecks der Orga­ni­sa­ti­on über den Ein­satz der eige­nen Talen­te und der eige­nen Zeit selbst­be­stimmt ent­schei­den dür­fen. Das gilt nicht nur für die eigent­li­che Arbeit im Sys­tem, also der Arbeit, die einen Mehr­wert für die Kun­den lie­fert, son­dern expli­zit auch für die Arbeit am Sys­tem, also der Orga­ni­sa­ti­on der Zusam­men­ar­beit, der Arbeits­pro­zes­se und auch der stra­te­gi­schen Aus­rich­tung. Für die­se klas­si­schen Manage­ment- und Füh­rungs­auf­ga­ben sind also zukünf­tig nicht mehr das Manage­ment oder die Füh­rung ver­ant­wort­lich, viel­mehr gehen sie über in die kol­lek­ti­ve Ver­ant­wor­tung aller Mitarbeiter.

Mean­while, most orga­niza­ti­ons still rely on a way of working desi­gned over 100 years ago for the chal­lenges and oppor­tu­ni­ties of the indus­tri­al age. Team struc­tures sup­port rou­ti­ne and sta­tic jobs. Siloed, com­mand and con­trol sys­tems enable seni­or lea­der­ship to dri­ve effi­ci­en­cy and pre­dic­ta­bi­li­ty at the expen­se of free infor­ma­ti­on flow, rapid lear­ning, and adaptability.
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Viel­fach arbei­ten wir immer noch in den tay­lo­ris­ti­schen Struk­tu­ren des letz­ten Jahr­hun­derts. Die Fremd­be­stimmt­heit des ein­zel­nen Wis­sens­ar­bei­ters mag zwar deut­lich nied­ri­ger aus­fal­len als die der Arbei­ter zu Beginn der Indus­tria­li­sie­rung, aber letzt­lich ent­schei­den immer noch Vor­ge­setz­te über die Auf­ga­ben und die Zutei­lung von Res­sour­cen. Und beim The­ma Umor­ga­ni­sa­ti­on oder Stra­te­gie, also der Arbeit am Sys­tem, ken­nen die meis­ten Orga­ni­sa­tio­nen nur eine Rich­tung: Von oben nach unten. Unter stren­ger Geheim­hal­tung — natür­lich zum Woh­le aller, denn man will ja kei­nen ver­un­si­chern — wird oben gedacht, wie die Arbeit zu wel­chem stra­te­gi­schen Ziel orga­ni­siert wer­den soll. Damit das dann auch jeder ver­steht und befolgt reicht heu­te frei­lich die for­ma­le Macht nicht mehr aus und es braucht das gan­ze Arse­nal des Changemanagements.

Manage­ment is about per­sua­ding peo­p­le to do things they do not want to do, while lea­der­ship is about inspi­ring peo­p­le to do things they never thought they could.
Ste­ve Jobs

Das Gespenst des Tay­lo­ris­mus haben wir erst besiegt, wenn die Auto­no­mie des ein­zel­nen und ein­zel­ner Orga­ni­sa­ti­ons­ein­hei­ten soweit gedie­hen ist, dass gera­de die­se Fra­gen des Zwecks der Orga­ni­sa­ti­on, der Stra­te­gie und der Orga­ni­sa­ti­on der Zusam­men­ar­beit, also die Arbeit am Sys­tem, als die kol­lek­ti­ve Ver­ant­wor­tung aller gelebt wird. Was je nach Blick­win­kel wie eine fer­ne Uto­pie oder Dys­to­pie klingt, ist tat­säch­lich in vie­len Orga­ni­sa­tio­nen der über­nächs­ten Gene­ra­ti­on heu­te schon Rea­li­tät. Im her­vo­r­a­gen­den Buch „Reinven­ting Orga­niza­ti­ons“ von Fre­de­ric Laloux (Ama­zon Affi­lia­te-Link) sind mit Buurtz­org, Favi, Mor­ning Star, Hei­li­gen­feld, Pata­go­nia, uvm. Bei­spie­le sol­cher Orga­ni­sa­tio­nen ein­drucks­voll beschrie­ben. Das fol­gen­de Inter­view mit Fre­de­ric Laloux gibt dar­auf einen klei­nen Vorgeschmack:

Im klei­nen, also auf Team­ebe­ne, fin­det sich der Aspekt der kon­ti­nu­ier­li­chen Arbeit am Sys­tem als Ver­ant­wor­tung des gesam­ten Teams auch in agi­len Model­len und da ins­be­son­de­re in Scrum wie­der. Das Team reflek­tiert nach jeder Ite­ra­ti­on in einer Retro­spek­ti­ve die eige­ne Arbeits­wei­se, iden­ti­fi­ziert Schwach­stel­len und behebt die­se selbst (oder lässt sie behe­ben). Agil bedeu­tet letzt­lich anpas­sungs­fä­hig und das eben nicht nur in Bezug auf das Pro­dukt son­dern auch und gera­de in Bezug auf die Orga­ni­sa­ti­on und den Pro­zess. In einem vola­ti­len Umfeld mit unkla­ren Anfor­de­run­gen oder sons­ti­gen Unwäg­bar­kei­ten ist genau die­se Anpas­sungs­fä­hig­keit ein ent­schei­den­der Vorteil.

The ten­si­on bet­ween orga­niza­ti­ons opti­mi­zed for pre­dic­ta­bi­li­ty and the unpre­dic­ta­ble world they inha­bit has rea­ched a brea­king point.
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Ein paar agi­le Teams sind ein Anfang, machen die Orga­ni­sa­ti­on als Gan­zes aber noch lan­ge nicht anpas­sungs­fä­hig, son­dern glei­chen eher einem Tanz auf der Tita­nic. In unse­rer zuneh­mend unvor­her­seh­ba­ren, kom­ple­xen und hoch-ver­netz­ten Welt wird aber die Fähig­keit, sich schnell an neue Umstän­de anpas­sen zu kön­nen für Orga­ni­sa­tio­nen über­le­bens­wich­tig wer­den. Dazu ist es aber eben auch not­wen­dig, dass die Arbeit am Sys­tem, von der stra­te­gi­schen Aus­rich­tung, über die Orga­ni­sa­ti­on der Zusam­men­ar­beit bis hin zur Zutei­lung von Res­sour­cen in die Ver­ant­wor­tung derer über­geht die am Ende die eigent­li­che Arbeit mit kla­rer Aus­rich­tung auf den Kun­den ausführen.

Cir­cum­s­tances and mar­kets chan­ge rapidly as infor­ma­ti­on flows fas­ter. Now the peo­p­le with the best insight and decis­i­on-making abili­ty are often peo­p­le clo­sest to the cus­to­mers, on the front line, or even ‘out­side’ the typi­cal orga­niza­tio­nal boun­da­ries. Rather than con­trol­ling through pro­cess and hier­ar­chy, you achie­ve bet­ter results by inspi­ring and empowe­ring peo­p­le at the edges to pur­sue the work as they see fit – stra­te­gi­cal­ly, struc­tu­ral­ly, and tactically.
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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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