Social Intranet: Eine Frage der Kultur

Social Intra­nets sind lei­der in vie­len Fäl­len ein Para­de­bei­spiel für einen Car­go-Kult. Irgend­je­mand hat gese­hen oder gehört, dass in Start­ups ganz viel Aus­tausch und Ver­net­zung im Sti­le von Face­book und Twit­ter im Social Intra­net statt­fin­det. Ganz ohne oder jeden­falls quer zu klas­si­schen hier­ar­chi­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­gen und lang­sa­men Gre­mi­en bil­den sich dort Mei­nun­gen und ent­ste­hen spon­tan neue und manch­mal sogar revo­lu­tio­nä­re Ideen. Brau­chen wir auch! Also (mehr oder weni­ger) schnell eines der bestehen­den Tools für Social Intra­nets aus­wäh­len, aus­rol­len und schu­len. Fer­tig! Jetzt ver­netzt euch! Seid kreativ!

In der Art und Wei­se wie kom­mu­ni­ziert oder auch nicht kom­mu­ni­ziert wird spie­gelt sich auch immer die jewei­li­ge Kul­tur einer Orga­ni­sa­ti­on. Kul­tur und Kom­mu­ni­ka­ti­on ste­hen immer in Wech­sel­wir­kung. In Start­ups herrscht ein ande­rer Ton und eine ande­re Kul­tur wie im hier­ar­chi­schen Groß­kon­zern. Genau des­we­gen haben sich in Start­ups ande­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­for­men wie ein flo­rie­ren­des Social Intra­net ent­wi­ckelt. Und genau des­we­gen nutzt es nichts nur das Medi­um zu kopie­ren ohne die Kul­tur und die Geis­tes­hal­tung die dazu geführt hat.

Erlaubnis und Vorbild

Jetzt trifft da also ein neu­es Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­di­um auf Mit­ar­bei­ter die E‑Mail, Bespre­chun­gen, Gre­mi­en und gene­rell Kom­mu­ni­ka­ti­ons­li­ni­en ent­lang der Hier­ar­chie gewohnt sind. Und die­ses Medi­um hat zum Ziel die über­grei­fen­de Ver­net­zung und den Aus­tausch auch und gera­de jen­seits des eige­nen Silos. Stellt sich also sofort die Fra­ge: Darf ich das? Oder bes­ser gesagt: Was darf ich da?

Im Kon­text der eige­nen Arbeit, also zum Bei­spiel im kon­kre­ten Pro­jekt­team oder der eige­nen Arbeits­grup­pe, kann man die Fra­ge recht schnell beant­wor­ten. Dort kann eine ent­spre­chen­de Grup­pe im Social Intra­net eine gute Ergän­zung zu oder Ersatz von ande­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­len sein. Anstatt also mehr oder weni­ger bila­te­ral per E‑Mail zu kom­mu­ni­zie­ren, ver­la­gert sich die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Team in eine sol­che Grup­pe und hilft den Infor­ma­ti­ons­fluss im Team zu verbessern.

So weit, so tri­vi­al. Span­nend wird es, wenn es über den kon­kre­ten Arbeits­kon­text und den eige­nen Tel­ler­rand hin­aus­geht. Das setzt näm­lich vor­aus, dass es einer­seits öffent­lich zugäng­li­che Berei­che im Social Intra­net gibt und dar­in auch rele­van­te Dia­lo­ge statt­fin­den und ande­rer­seits dass die Mit­ar­bei­ter dar­in auch Zeit ver­brin­gen dür­fen, obwohl es eben nicht unmit­tel­bar mit ihrer Auf­ga­be wohl aber mit ihren Inter­es­sen und Fähig­kei­ten zu tun hat.

Cul­tu­re eats stra­tegy for breakfast.
Peter F. Drucker

Dafür braucht es in hier­ar­chi­schen Orga­ni­sa­tio­nen Erlaub­nis und Vor­bild. Es muss erlaubt sein, einen Teil sei­ner Zeit inter­es­sens­ge­lei­tet im Social Intra­net zu ver­brin­gen. Neben der aus­ge­spro­che­nen Erlaub­nis und Auf­for­de­rung müs­sen Füh­rungs­kräf­te genau das vor­le­ben. So ver­lei­hen sie der Erlaub­nis, die sonst leicht der Kul­tur zum Opfer fällt („Der XY hat wohl zu viel Zeit!“), Nach­druck und schaf­fen durch ihre Prä­senz im offe­nen Dia­log gleich­zei­tig eine Rele­vanz der Inhal­te, die wie­der­rum die Mit­ar­bei­ter anzieht und zum Dia­log ermuntert.

Angst verhindert Offenheit

Ein Anzei­chen einer Angst­kul­tur, wie sie in hier­ar­chi­schen Kom­man­do- und Kon­troll­struk­tu­ren oft vor­herrscht, ist das gespal­te­ne Ver­hält­nis zur Schrift­lich­keit. Einer­seits wird zur Absi­che­rung ganz viel pro­to­kol­liert und doku­men­tiert, ande­rer­seits aber Schrift­lich­keit auch ver­mie­den, um nicht angreif­bar zu sein. Inso­fern beschränkt der Grad an Angst die Offen­heit und damit den Wert der Dia­lo­ge in einem Social Intra­net. Je mehr die Angst regiert, des­to weni­ger sind die Mit­ar­bei­ter bereit schrift­lich ihre Mei­nung preis­zu­ge­ben. Ein Anzei­chen dafür sind mehr­heit­lich geschlos­se­ne Grup­pen in Social Intra­nets und wenig rele­van­te und kon­kre­te Dia­lo­ge in offe­nen Gruppen.

Die posi­ti­ven Effek­te durch die Ver­net­zung kön­nen gewal­tig sein, aber prin­zi­pi­ell unbe­re­chen­bar und nicht plan­bar, wie Peter Kru­se schön dar­legt in sei­ner Rede im Bun­des­tag. Das eine gibt es nicht ohne das ande­re. Und sie set­zen einen Wan­del hin zu einer angst­frei­en und offe­nen Kul­tur vor­aus, den ins­be­son­de­re die Füh­rungs­kräf­te för­dern und beglei­ten müs­sen. Wer nur den Mit­ar­bei­tern das Werk­zeug zur Ver­fü­gung stellt, sich aber als Füh­rungs­kraft nicht am Dia­log betei­ligt, kann genau­so gut mit Holz­kopf­hö­rern auf Flug­zeu­ge war­ten.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

3 Kommentare

Hal­lo Marcus,

Klas­se, wie immer!

Eine inter­es­san­te Ergänzung:
http://www.wikimanagement.de
…schon älter, aber viel­leicht immer­noch hilfreich.

Guten Wochen­start!
Bernd

Lie­ber Marcus,

stimmt, ist schon etwas umfang­reich – zumin­dest vom sozio­tech­ni­schem Ansatz soll­te man me „mal was gehört“ haben…

Eine Emp­feh­lung die sich aus ihm ergibt ist ja auch:

Schaf­fung einer inno­va­ti­ons­freund­li­chen Umge­bung durch Ver­trau­en und Offenheit. 

Die (MA)Zufriedenheit ist daher logi­scher­wei­se Teil des Para­dig­men­wech­sels – also ein wich­ti­ger „Hebel“ und eini­ge Ein­fluß­fak­to­ren wer­den genannt.…

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