Online-Dating: The good, the bad, and the ugly

Schon immer sind sich Men­schen im Inter­net begeg­net, wenn auch bis vor kur­zem nur eine klei­ne Infor­ma­ti­ons­eli­te. Spä­tes­tens mit dem Erfolg von Social Media wird das Web 2.0 für eine brei­te Mas­se zu einem wich­ti­gen Medi­um. Der der­zei­ti­ge Erfolg von Anbie­tern wie Eli­te­part­ner, Par­ship, Fri­end­scout, usw. doku­men­tiert gro­ßen Bedarf an Online-Dating. Es gibt aber ein paar Stol­per­stei­ne im Umgang mit Online-Dating, die man (er-)kennen soll­te. Lei­der igno­rie­ren die füh­ren­den Anbie­ter die­se und schaf­fen so mehr Pro­ble­me als sie lösen. Zuviel Zeit wird mit der Suche, dem Lesen und Ver­glei­chen von Pro­fi­len ver­bracht, was gut ist für die Anbie­ter, denn genau dafür bekom­men sie Geld, und zuwe­nig mit ech­tem Ken­nen­ler­nen von Ange­sicht zu Ange­sicht, was gut wäre für die Men­schen, denn nur so wür­den sie zuein­an­der finden.

The Good

Online-Dating macht Begeg­nun­gen mög­lich, die so aller Wahr­schein­lich­keit nach im rea­len Leben nie statt­ge­fun­den hät­ten, z.B. auf­grund räum­li­cher oder sozia­ler Distanz. Man erfährt unver­bind­lich eini­ges über die ande­ren Men­schen aus ihren Pro­fi­len ohne sich die Mühe des Ken­nen­ler­nens machen zu müs­sen. Es gibt je nach Anbie­ter eine rie­si­ge Aus­wahl mit viel­fäl­ti­gen Such­mög­lich­kei­ten. Die­se Aus­wahl ist bei den meis­ten Anbie­tern auch das wich­tigs­te Verkaufsargument.

The Bad

Mehr Aus­wahl führt zu einer bes­se­ren Wahl und damit zu zwei glück­li­che­ren Men­schen. Soweit in Kurz­form die The­se der Anbie­ter. Jedoch macht mehr Aus­wahl nicht auto­ma­tisch glück­li­cher. Es führt zu einer bes­se­ren Wahl, aber macht nicht glück­li­cher. Oder mit den Wor­ten von Bar­ry Schwartz in sei­nem sehens­wer­ten Vor­tag auf Ted:

You can do bet­ter – and feel worse.

Mehr Aus­wahl führt zu kom­pli­zier­ten Ver­glei­chen (es soll Kun­den geben, die die Kan­di­da­ten in Excel­lis­ten mit­ein­an­der ver­glei­chen), über­zo­ge­nen Erwar­tun­gen („escala­ti­on of expec­ta­ti­on“, Bar­ry Schwartz) und schwie­ri­gen Ent­schei­dun­gen. Abge­se­hen davon, dass der Mensch sich zum Pro­dukt macht (was noch fehlt ist eine Vor­schlags­funk­ti­on á la Ama­zon: „Män­ner die mit die­ser Frau Kon­takt hat­ten, fan­den auch fol­gen­de Frau­en gut …“), den­ke ich nicht, dass wir die­ser Ent­schei­dung gewach­sen sind. So funk­tio­niert das ein­fach nicht: im rea­len Leben ent­schei­de ich mich nicht zwi­schen so vie­len poten­ti­el­len Part­nern, son­dern ledig­lich immer für oder gegen einen spe­zi­el­len. Das ist prin­zi­pi­ell eine ande­re Art von Entscheidung.

So gut die Pro­fi­le sind und so hilf­reich es ist die­se unver­bind­lich zu lesen, so gefähr­lich ist es auch. Sicher las­sen sich damit eini­ge Kan­di­da­ten aus­fil­tern auf­grund von per­sön­li­chen KO-Kri­te­ri­en. Mehr aber auch nicht.  Ins­be­son­de­re ist es uto­pisch und unmensch­lich aus dem Pro­fil able­sen zu wol­len wie gut ein ande­rer Mensch zu mir passt. Es sind zu vie­le und die fal­schen Details zur fal­schen Zeit. Ob mir jemand sym­pa­thisch ist, kann ich nur von Ange­sicht zu Ange­sicht ent­schei­den. Dazu brau­che ich alle Sinne.

The Ugly

Anbie­ter von Online-Dating soll­ten die­se Ein­schrän­kun­gen und Stol­per­fal­len ken­nen und ihren Dienst ent­spre­chend gestal­ten. Das Ziel der Kun­den ist schließ­lich nicht mög­lichst vie­le Kon­tak­te zu haben, son­dern den Part­ner fürs Leben ken­nen­zu­ler­nen. Lei­der ver­schlim­mern die Geschäfts­mo­del­le der Anbie­ter die­se prin­zi­pi­el­len Ein­schrän­kun­gen von Online-Dating eher noch. Schließ­lich gehen mit jeder gelun­ge­nen Ver­mitt­lung zwei Kun­den verloren.

Die meis­ten Anbie­ter arbei­ten mit Abon­ne­ments, d.h. bezahlt wird die Nut­zung des Diens­tes für eine bestimm­te Zeit. Die­ses Modell sicher­lich das denk­bar schlech­tes­te um dem „Para­dox of choice“ zu begeg­nen. Der Buf­fet­ef­fekt ist dadurch vor­pro­gram­miert: Man ver­sucht mög­lichst viel für sein Geld zu bekom­men, d.h. mög­lichst viel Kon­tak­te. Für ech­tes Ken­nen­ler­nen im rea­len Leben bleibt dann ent­spre­chend wenig Zeit. Die­se zeit­li­che Befris­tung führt zu völ­lig unnö­ti­ger Hek­tik und viel zu frü­hen Ent­schei­dun­gen. Man liest viel zu vie­le Pro­fi­le, schreibt viel zu vie­le Nach­rich­ten und ver­bringt viel zu wenig Zeit mit wirk­li­chem Kennenlernen.

Um mög­lichst viel Aus­wahl (das Ver­kaufs­ar­gu­ment #1) bie­ten zu kön­nen fixen die Anbie­ter Neu­kun­den mit kos­ten­lo­sen, aber funk­ti­ons­lo­sen, Ange­bo­ten an: wie kann es sein, dass ich Sekun­den nach der kos­ten­lo­sen Anmel­dung sofort eine Kon­takt­an­fra­ge bekom­me, die ich aber nur lesen kann, wenn ich ein mehr­mo­na­ti­ges Abo abschlie­ße? Wenn das mal nicht auto­ma­tisch gene­rier­te Anfra­gen sind! Dage­gen sind Dro­gen­dea­ler noch wah­re Men­schen­freun­de, von ihnen bekom­me ich den ers­ten Schuss wenigs­tens wirk­lich gratis.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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