Warum wir planen

Pla­nung ist sicher eine der pro­mi­nen­tes­ten Auf­ga­ben eines Pro­jekt­lei­ters. Jeder weiß: der Pro­jekt­lei­ter muss einen Plan haben. Bal­ken­plä­ne, Netz­plä­ne, sach-logi­sche Ver­knüp­fun­gen spie­len daher eine zen­tra­le Rol­le in jeder Pro­jekt­ma­nage­ment-Aus­bil­dung. Aber wozu? Was zunächst wie eine blö­de Fra­ge klingt, deckt jedoch grund­le­gend ver­schie­de­ne Ansich­ten über Plä­ne und ins­be­son­de­re deren Gül­tig­keit auf.

Pla­nung ersetzt Zufall durch Irrtum.
– Albert Einstein

Ein Plan ist zunächst nur die Vor­stel­lung eines mög­li­chen Ablaufs zukünf­ti­gen Gesche­hens. Wie jedes Bild abs­tra­hiert der Plan die Rea­li­tät und trifft – da er ja ein Bild der Zukunft zeich­net – not­wen­di­ger­wei­se vie­le frag­wür­di­ge Annah­men. Umso erstaun­li­cher ist das oft­mals erleb­te skla­vi­sche Fest­hal­ten an Plä­nen in Pro­jek­ten: Zu Beginn wird mit viel Unbe­küm­mert­heit fein-säu­ber­lich ein Plan aus­ge­ar­bei­tet, der dann in Stein gemei­ßelt ist und jede Abwei­chung davon stellt eine Kata­stro­phe dar.

Kein Plan über­lebt den ers­ten Feindkontakt.
– Hel­muth von Moltke

Zu wel­chem Zweck pla­nen wir also? Wir soll­ten jeden­falls nicht pla­nen mit der irra­tio­na­len Erwar­tung die­sen Plan jemals genau­so umset­zen zu kön­nen. Pla­nen heißt not­wen­di­ger­wei­se irren: der Plan wird den ers­ten „Feind­kon­takt“ mit der Rea­li­tät nicht über­le­ben. Viel­mehr liegt der Nut­zen eines Plans dar­in, Über­blick zu geben über alle der­zeit als nötig gese­he­nen Tätig­kei­ten in einer der­zeit sinn­vol­len Rei­hen­fol­ge. Ein Plan bleibt aber immer eine feh­ler­haf­te Moment­auf­nah­me und muss daher kon­ti­nu­ier­lich geprüft (Feind­kon­takt) und ange­passt wer­den. Genau dar­in liegt die eigent­li­che Auf­ga­be des Pro­jekt­lei­ters – nicht in der initia­len Erstel­lung des Plans.

Unser Plä­ne sind also, in Ana­lo­gie zu empi­ri­schen Wis­sen­schaf­ten, Hypo­the­sen, die von der Rea­li­tät bestä­tigt oder wider­legt wer­den müs­sen(!), um dann durch neue Hypo­the­sen ersetzt zu wer­den. Die­ses Prü­fen gegen die Rea­li­tät ist inhä­ren­ter Bestand­teil des Pla­nungs­pro­zes­ses. Es ist kein Pro­blem einen Plan anpas­sen zu müs­sen, son­dern völ­lig nor­mal. Im Gegen­teil wäre es fahr­läs­sig einen Plan als in Stein gemei­ßelt zu betrach­ten und die Rea­li­tät zu igno­rie­ren oder sie wenigs­tens im Sin­ne der Plan­erfül­lung umzu­deu­ten wie der Phi­lo­soph Georg Wil­helm Fried­rich Hegel, als er bei der Ver­tei­di­gung sei­ner Dis­ser­ta­ti­on mit der har­ten Rea­li­tät eines kurz zuvor ent­deck­ten ach­ten Pla­ne­ten unse­res Son­nen­sys­tems kon­fron­tiert wur­de, wel­chen es sei­ner Theo­rie nach nicht geben hät­te dürfen:

Um so schlim­mer für die Tatsachen!
– Georg Wil­helm Fried­rich Hegel

Bildnachweis

Das Arti­kel­bild wur­de von Mar­tin Fisch unter dem Titel „fade out again“ auf Flickr unter einer Crea­ti­ve Com­mons Lizenz (CC BY-SA 2.0) ver­öf­fent­licht (Bestimm­te Rech­te vor­be­hal­ten).

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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