Neuland

Ange­la Mer­kel meint also, das Inter­net wäre für uns alle Neu­land. Immer noch. Über 40 Jah­re nach Arpa­net und über 20 Jah­re nach der Ein­füh­rung des World Wide Web. Wenn es wirk­lich so ist und das Inter­net für vie­le Deut­sche immer noch Neu­land ist, dann zeigt das ledig­lich das gigan­ti­sche Ver­sa­gen der deut­schen Poli­tik der letz­ten Jahr­zehn­te. Und es zeigt eine sehr deut­sche Grund­hal­tung: Angst. So deutsch, dass die Ger­man Angst mitt­ler­wei­le als Lehn­wort ins Eng­li­sche über­nom­men wur­de. Nicht alles Neue ist unein­ge­schränkt gut, aber eben auch nicht per se eine Gefahr. Alles bie­tet Chan­cen und Risi­ken. Die Fra­ge ist nur, was man vor­ran­gig sieht. Im Inter­net sah und sieht unse­re Poli­tik, unter­stützt von den Lob­by­is­ten der eta­blier­ten Medi­en, in ers­ter Linie eine Bedro­hung. Das ist das gro­ße Ver­sa­gen unse­rer Regie­rung. Es ist fast nur von Gefah­ren die Rede, sel­ten und erst spät von Mög­lich­kei­ten. Die­se haus­ge­mach­te und in wei­ten Tei­len ein­ge­bil­de­te Ger­man Angst dann zur Recht­fer­ti­gung für staat­li­che Über­wa­chung des Inter­nets im Rah­men von PRISM zu ver­wen­den, wie es Ange­la Mer­kel jüngst tat, ist gro­tesk. Das ein­zi­ge wovor wir Angst haben soll­ten, sind Poli­ti­ker, die regel­mä­ßig unse­re Zukunft verschlafen.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

2 Kommentare

Lie­ber Marcus, 

der Satz von Frau Mer­kel, dass „das Inter­net ist für uns Neu­land ist“ wäre, ist lei­der eine schlam­pi­ge Abkür­zung oder bei wohl­wol­len­der Bewer­tung eine gelun­ge­ne Meta­pher für ein gene­rel­les Problem. 

Für die Mehr­heit der Poli­ti­ker in Deutsch­land (und wohl auch in der Welt) – und beson­ders derer, die an der Macht sind – ist „der Wan­del in der Gesell­schaft Neuland“. 

Und zwar ein unheim­li­ches und bedro­hen­des Neu­land. Das ist nach mei­ner Mei­nung der Haupt­grund dafür, dass sich Poli­tik immer mehr von den Men­schen ent­fernt und die Wert­schät­zung der Demo­kra­tie schlim­mer Wei­se so sehr leidet. 

Und gleich­zei­tig die Erklä­rung für die immer stär­ker wer­den­den poli­ti­schen Ver­dros­sen­heit vie­ler Bürger.

Also stellt sich wie­der die Frage: 

Ist Frau Mer­kel die authen­ti­sche Poli­ti­ke­rin, die auf sub­li­me Art und Wei­se wie­der mal auf das Pro­blem wenn auch nur meta­pher­haft hinweist 

und/oder

das ein­zig­ar­ti­ge poli­ti­sche Genie, die intui­tiv aber unre­flek­tiert Din­ge von sich gibt, die bei rich­ti­ger Inter­pre­ta­ti­on aber tat­säch­lich den Nagel auf den Kopf trifft? 

Aber die­se Neu­land-Aus­sa­ge hat mir wie­der klar gemacht, war­um sie so beliebt ist und den Herrn Stein­brück wie eine Flie­ge gegen die Wand klat­schen wird …

Also, wen wäh­len wir beide?

Zuge­ge­ben: Der Satz „Das Inter­net ist für uns alle Neu­land.“ ist ver­kürzt und aus dem Zusam­men­hang geris­sen. Das ist in der Tat ein wenig schlam­pig und immer auch ein wenig gefähr­lich. Im Zusam­men­hang betrach­tet, wird der Satz aber mei­ner Mei­nung nach noch gefähr­li­cher: Dann ist es näm­lich nicht ein­fach nur die nai­ve Welt­sicht einer Alt­land Poli­ti­ke­rin, son­dern muss als Begrün­dung für ein unge­heu­er­li­che Aus­spä­hung der eige­nen Bür­ger herhalten.

Auch für Dich und für mich war das Inter­net einst das Neu­land, das es für vie­le Poli­ti­ker und wohl auch deren Wäh­ler heu­te immer noch ist, wie Du rich­tig anmerkst. Natür­lich macht das Angst. Auf­ga­be der Poli­tik wäre es mei­ner Mei­nung nach aber uns die­se Angst zu neh­men und vor­ne­weg zu mar­schie­ren anstatt hin­ter­her zu lau­fen. Statt­des­sen ver­brei­tet die Poli­tik und die sich in ihrem Geschäfts­mo­dell bedroh­ten Mas­sen­me­di­en FUD: Fear, Uncer­tain­ty, Doubt. Ich will nur hof­fen und zuguns­ten unse­re Poli­ti­ker anneh­men, dass das kei­ne bewuss­te Stra­te­gie ist, son­dern sie selbst viel­leicht Opfer einer sol­chen Kam­pa­gne durch ent­spre­chen­de Lob­by­is­ten sind.

Nun zur Gret­chen­fra­ge: Wen wäh­len wir also? Die Alter­na­ti­ven machen mich tat­säch­lich par­tei­ver­dros­sen. Kei­ne der Par­tei­en wird mei­ner Lebens­rea­li­tät und Bedürf­nis­sen auch nur annä­hernd gerecht. Zum Bei­spiel: die Land­rats­wahl bei uns im Land­kreis Ebers­berg neu­lich. Vier Kan­di­da­ten von CSU, SPD, Frei­en Wäh­lern und Grü­nen. Die Schwer­punk­te der Pro­gram­me alle ähn­lich aus­ge­rich­tet offen­sicht­lich auf Hand­wer­ker und Ver­ei­ne. Münch­ner Out­back eben. Nir­gends ein zag­haf­ter Ansatz zu neu­en Tech­no­lo­gien, einer Breit­band­in­fra­struk­tur, Start­up-Cen­tern, Co-Working­spaces, etc. Das inter­es­siert mich. Die Pira­ten waren prin­zi­pi­ell ein guter Ansatz, neh­me ich aber so chao­tisch, unstruk­tu­riert und ver­zet­telt wahr, dass ich denen unser Land, also Alt- und Neu­land, nicht anver­trau­en möchte. 

Was bleibt also? Wenn nie­mand wähl­bar ist, müs­sen wir es wohl selbst in die Hand neh­men und in die Poli­tik gehen ;-)

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