Staaten haben keine Freunde, nur Interessen

Wir wer­den also bespit­zelt. Groß­flä­chig und umfas­send. Jahr­zehn­te nach dem Ende des Kal­ten Krie­ges. Von einem Bünd­nis­part­ner. Einem Staat, dem wir uns in Freund­schaft ver­bun­den fühl­ten. Charles de Gaul­le hat­te recht: »Staa­ten haben kei­ne Freun­de, nur Inter­es­sen.« Wie vie­le ande­re, bin ich ent­täuscht, ver­är­gert und ver­un­si­chert. Nicht nur wegen der fei­gen Spio­na­ge­ak­te an sich, son­dern wegen der Reak­tio­nen unse­rer gewähl­ten Volksvertreter.

Wir wis­sen zum Bei­spiel, dass es nicht so ist wie bei der Sta­si und dem KGB, dass es dicke Akten­bän­de gibt, in denen unse­re Gesprächs­in­hal­te alle auf­ge­schrie­ben und schön abge­hef­tet sind. Das ist es nicht.
Bun­des­prä­si­dent Joa­chim Gauck

Nein, das ist es in der Tat nicht. Es ist um Grö­ßen­ord­nun­gen schlim­mer.

Jetzt sage ich Ihnen mal was: Noch bevor man über­haupt weiß, was die Ame­ri­ka­ner da genau machen, regen sich alle auf, beschimp­fen die Ame­ri­ka­ner. Und die­se Mischung aus Anti-Ame­ri­ka­nis­mus und Nai­vi­tät geht mir gewal­tig auf den Senkel.
Bun­des­in­nen­mi­nis­ter Hans-Peter Friedrich

In einem Punkt bin ich mit dem Bun­des­in­nen­mi­nis­ter sogar einig: Die Nai­vi­tät geht mir gewal­tig auf den Sen­kel. Sei­ne Nai­vi­tät. Offen­bar ist unser Bun­des­in­nen­mi­nis­ter nei­disch auf die vie­len schö­nen Daten die die Ame­ri­ka­ner ein­fach so abgrei­fen. Und das obwohl er ja bei jeder pas­sen­den und vie­len unpas­sen­den Gele­gen­hei­ten schon seit einer gefühl­ten Ewig­keit die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung reflex­ar­tig prog­pa­giert. Anhalts­los und flächendeckend.

They who can give up essen­ti­al liber­ty to obtain a litt­le tem­po­ra­ry safe­ty, deser­ve neither liber­ty nor safety.
Ben­ja­min Franklin

Also nimmt unser Bun­des­in­nen­mi­nis­ter die Ame­ri­ka­ner erst Mal vol­ler Bewun­de­rung in Schutz vor unbe­wie­se­nen Behaup­tun­gen. Damit das auch ja alles unbe­wie­sen bleibt, weist man den Über­brin­ger der schlech­ten Nach­rich­ten vor­sichts­hal­ber aber ab: »Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Auf­nah­me lie­gen nicht vor.« So genau wol­len wir es dann doch lie­ber nicht wis­sen. Unse­re Regie­rung jeden­falls nicht. Und ich ver­ste­he das sogar, denn es kann eigent­lich nur schlecht aus­ge­hen für unse­re Regie­rung. Ent­we­der sie wuss­ten und pro­fi­tier­ten von den groß­flä­chi­gen Abhör­ak­tio­nen und den geziel­ten Bespit­ze­lun­gen; dann wäre das Ver­rat am eige­nen Volk. Oder sie wuss­ten es nicht; dann wäre es »bloß« Unfä­hig­keit das eige­ne Volk zu beschüt­zen. Kein guter Start in die hei­ße Pha­se des Wahl­kampfs.

Ich will es wis­sen. Aus ers­ter Hand. Und ich habe Respekt vor dem Mut eines Edward Snow­den. Er ver­dient unse­ren Schutz. Dar­um unter­stüt­ze ich die ent­spre­chen­de Kam­pa­gne der Grünen.

Nach § 22 des Auf­ent­halts­ge­set­zes könn­te der US-Ame­ri­ka­ner in Deutsch­land einen siche­ren Auf­ent­halt fin­den. Vor­aus­set­zun­gen dafür sind völ­ker­recht­li­che oder drin­gen­de huma­ni­tä­re Grün­de und dass die Auf­ent­halts­ge­neh­mi­gung „der Wah­rung poli­ti­scher Inter­es­sen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land“ dient.

(Bild­nach­weis: Das Arti­kel­bild wur­de von Jim­my Kor­tri­jk unter dem Titel „1984“ auf Flickr unter einer Crea­ti­ve Com­mons Lizenz (CC BY 2.0) ver­öf­fent­licht.)

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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