Helikopter-Manager

Bei der Erzie­hung von Kin­dern ist in den letz­ten Jah­ren immer öfter die Rede von Heli­ko­pter-Eltern. Gemeint sind damit „Eltern, bei denen das Bedürf­nis, ihr Kind zu beschüt­zen und zu ver­sor­gen, über­mä­ßig aus­ge­prägt ist“ (Quel­le: Wiki­pe­dia). Eine ähn­li­che Ten­denz der Über­be­hü­tung fin­det sich aber auch bei vie­len Füh­rungs­kräf­ten in Bezug auf ihre Mit­ar­bei­ter. Sobald ein Mit­ar­bei­ter auch nur den Anschein eines Pro­blem­chens äußert oder dem Schütz­ling Unge­mach zu dro­hen scheint, fühlt sich die Füh­rungs­kraft ver­ant­wort­lich und greift beherzt ein. Wie die Heli­ko­pter-Eltern beim Streit um das Schäu­fel­chen im Sandkasten.

Zunächst ist an Für­sor­ge gar nichts aus­zu­set­zen. Die Dosis macht aber auch hier das Gift. Das Ziel muss ja sein, die Ent­wick­lung der Kin­der best­mög­lich zu för­dern. Das heißt aber nicht, ihnen alles abzu­neh­men oder zu erspa­ren, son­dern for­dern und för­dern ohne dabei zu über­for­dern. Es geht dar­um, Chan­cen zur Ent­wick­lung zu bie­ten und dabei auch Feh­ler in Kauf zu neh­men und deren Fol­gen zu akzep­tie­ren. Das rich­ti­ge Maß an reiz­vol­len Mög­lich­kei­ten zu bie­ten bei denen mit kon­trol­lier­tem Risi­ko gelernt wer­den kann, das ist die Aufgabe.

Dem Kind nutzt es weni­ger, wenn ihm aus über­mä­ßi­ger Für­sor­ge und über­trie­be­ner Vor­sicht her­aus alles abge­nom­men wird. Einem erwach­se­nen Mit­ar­bei­ter gegen­über ver­bie­tet sich die­se Über­be­hü­tung von selbst, möch­te man jeden­falls mei­nen. Oft gibt es sie aber doch, die zwang­haf­te Kon­trol­le und das Micro-Manage­ment getarnt als elter­li­che Fürsorge.

Die­se Art der Sor­ge um die Mit­ar­bei­ter ist genau­so wenig för­der­lich wie sie es bei Kin­dern ist. Die Füh­rungs­kraft beraubt die Mit­ar­bei­ter dadurch vie­ler Mög­lich­kei­ten zur Ent­wick­lung. Der Mit­ar­bei­ter hat in die­ser Kon­stel­la­ti­on stän­dig das Gefühl, etwas nicht oder nicht rich­tig zu kön­nen und Angst, Feh­ler zu machen. Also wird er immer die Zustim­mung sei­ner Füh­rungs­kraft ein­ho­len, die sich dann natür­lich wich­tig fühlt und in ihrer Auf­fas­sung, dass der Mit­ar­bei­ter Hil­fe braucht, bestä­tigt fühlt. Auch eine Mög­lich­keit sei­ne Zeit als Füh­rungs­kraft zu inves­tie­ren, aber sicher nicht die effektivste.

Über­ar­bei­te­te Mana­ger beschäf­ti­gen sich mit Din­gen, mit denen sie sich nicht beschäf­ti­gen sollten.
Tom deMar­co

Noch schwe­rer aber wiegt, dass impli­zit eine Eltern-Kind-Bezie­hung ange­nom­men wird wo eigent­lich eine Begeg­nung auf Augen­hö­he zwi­schen Erwach­se­nen ange­bracht wäre. Gera­de wenn es um hoch­qua­li­fi­zier­te Wis­sens­ar­bei­ter han­delt. Deren Moti­va­ti­on hängt näm­lich beson­ders stark davon ab, wie wirk­sam sie ihre Fähig­kei­ten anwen­den und wei­ter­ent­wi­ckeln kön­nen und über Inhalt und Metho­de mög­lichst auto­nom bestim­men kön­nen. Dafür gilt es einen geschütz­ten Raum zu schaffen.

It doesn’t make sen­se to hire smart peo­p­le and then tell them what to do; we hire smart peo­p­le so they can tell us what to do.
Ste­ve Jobs

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

7 Kommentare

So sehe ich das auch!
Übri­gens, vor vie­len Jah­ren war ich mal Erzie­her und spä­ter in der Erwach­se­nen­bil­dung, um uA IT-Mana­ger auszubilden.

Bei dem Zitat von deMar­co bleibt für mich aller­dings die Fra­ge offen, ob alle IT-Mana­ger Herr Ihrer Res­sour­cen, Auf­ga­ben und Prio­ri­tä­ten sein kön­nen ;o)

In die­sem Sin­ne vie­le Grüße,
Bernd

Dan­ke für Dei­nen Kom­men­tar! Wer ist schon Herr über sei­ne Auf­ga­ben, Res­sour­cen und Prio­ri­tä­ten? Der eine viel­leicht mehr, der ande­re weni­ger und ja: in der IT mag das viel­leicht weni­ger der Fall sein. Den­noch: dort wo man Herr ist, soll­te man sich mit den rich­ti­gen Din­gen beschäf­ti­gen ;-) und auch den Rest kann man ein wenig len­ken. Nein ist ja durch­aus ein voll­stän­di­ger deut­scher Satz ;-) Man­ches muss man aber auch ein­fach akzep­tie­ren … oder eben nicht und dann die Kon­se­quen­zen zie­hen. Wich­tig ist es aber das Fal­sche zu erken­nen und nicht das Hams­ter­rad mit der Kar­rie­re­lei­ter verwechseln.

Inter­es­sant, letz­te Woche erzähl­te auf dem Team­a­bend ein Vater von sei­nem Erfah­run­gen mit Heli­ko­pter­el­tern in der Klas­se sei­nes Kindes.

Und ein ande­res Team­mit­glied war ges­tern sehr konsequent:

Unse­re Fa. hat­te sich ent­schie­den, auf eine Aus­schrei­bung einer der gro­ßen deut­schen Rüs­tungs­kon­zer­ne zu reagie­ren und anzu­bie­ten. Das war für ihn der Grund, ges­tern zu kün­di­gen. Er hat inzwi­schen eine klei­ne Grup­pe von Pro­gram­mie­ren (6) gefun­den, die ver­streut in Deutsch­land via remo­te Busi­ness-Apps ent­wi­ckelt und 10% des Gewinns für sozia­le Pro­jek­te spendet.

Ja, so ist das im Zeit­al­ter der Wis­sens­ar­beit. Ich mag die­se Kon­se­quenz eigent­lich sehr gern und fin­de Wis­sens­ar­bei­ter soll­ten sich viel mehr noch die Wor­te von Peter Dru­cker zu Her­zen neh­men (hängt übri­gens immer im Blick­feld an mei­nem Schreibtisch):

The manage­ment of know­ledge workers should be based on the assump­ti­on that the cor­po­ra­ti­on needs them more than they need the cor­po­ra­ti­on. (…) They have both mobi­li­ty and self-con­fi­dence. This means they have to be trea­ted and mana­ged as volunteers.
Peter F. Dru­cker, Manage­ment Rev Ed., S. 56

Heli­ko­pter-Eltern“ ist das neue „ADHS“ ;-) – Lösung sucht Problem.

Ich fin­de, die Auf­ga­be der Eltern soll­te sein, ihre Kin­der so auf­zu­zie­hen, dass sie ohne sie leben können.

Die­ses Buch hier hat mich ziem­lich beeindruckt:

http://blog.codinghorror.com/how-to-talk-to-human-beings/

Sowohl bei der Kin­der­er­zie­hung, als auch bei der Mitarbeiterführung.

Gib­t’s auch in Deutsch bei Amazon.

Vie­len Dank für den Buch-Tipp, den ich für unse­re Klei­ne jetzt gera­de gut gebrau­chen kann.

Die Auf­ga­be von Füh­rungs­kräf­ten soll­te es im Übri­gen auch sein, ihre Mit­ar­bei­ter so zu befä­hi­gen, dass die­se ohne sie arbei­ten kön­nen. Das gelingt aber noch viel sel­te­ner als bei der Kindererziehung.

Von Lou­is C.K. gibt es ja auch eine Men­ge Lus­ti­ges und oft Wah­res zum The­ma Kinder.

Z.B. das hier:

https://youtu.be/BJlV49RDlLE

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