Die Krux mit der Matrix

Projek­te sind Team­ar­beit. Gute Teams machen Pro­jek­te erfolg­reich. Aus Men­schen mit unter­schied­li­chen Cha­rak­te­ren und Inter­es­sen ein per­for­man­tes Team zu for­men ist daher eine der wesent­li­chen Füh­rungs­auf­ga­ben im Pro­jekt­ma­nage­ment. Viel zu oft wird die­se Auf­ga­be aber gera­de in gro­ßen und streng pro­zess­gläu­bi­gen Unter­neh­men sys­te­ma­tisch sabo­tiert, igno­riert oder unter­schätzt. Die Fol­ge sind Pro­jek­te die weder Spaß machen noch Erfolg haben.

The lea­ders who work most effec­tively, it seems to me, never say „I.“ And tha­t’s not becau­se they have trai­ned them­sel­ves not to say „I.“ They don’t think „I.“ They think „we“; they think „team.“ They under­stand their job to be to make the team func­tion. They accept respon­si­bi­li­ty and don’t sidestep it, but „we“ gets the cre­dit. This is what crea­tes trust, what enables you to get the task done.
Peter F. Drucker

In star­ken Lini­en­or­ga­ni­sa­tio­nen wer­den Pro­jek­te meist als Matrix orga­ni­siert. Quer zur Lini­en­or­ga­ni­sa­ti­on ent­steht so eine tem­po­rä­re Pro­jekt­orga­ni­sa­ti­on, in der die Ver­tre­ter der betrof­fe­nen Abtei­lun­gen meist zu einem Teil ihrer Zeit mit­wir­ken. Orga­ni­sa­to­risch ver­blei­ben die Mit­ar­bei­ter in ihrer gewohn­ten Abtei­lung, fül­len aber im Pro­jekt die ihnen zuge­dach­ten Rol­len aus. Gegen­über einer rei­nen Pro­jekt­orga­ni­sa­ti­on, bei der Linie und Pro­jekt deckungs­gleich sind, steigt dadurch die Anzahl der am Pro­jekt betei­lig­ten Mit­ar­bei­ter ganz erheblich.

Ver­stärkt wird die­ser Effekt noch durch einen hohen Grad der Spe­zia­li­sie­rung in vie­len gro­ßen Unter­neh­men. Wo vie­le Pro­jek­te gemacht wer­den, bil­den sich recht schnell Zen­tral­stel­len für bei­spiels­wei­se Test­ma­nage­ment, Archi­tek­tur, Bebau­ung, Secu­ri­ty, uvm. Natür­lich müs­sen die­se Aspek­te in jedem Pro­jekt aus­rei­chend berück­sich­tigt wer­den und das bedeu­tet in der Regel, dass jede die­ser Spe­zia­lis­ten­trupps eine Teil­zeit-Rol­le im Pro­jekt bekom­men muss.

Damit aber nicht genug, ver­rich­ten die eigent­li­che Arbeit an den Lie­fer­ergeb­nis­sen nicht oder jeden­falls nicht zum über­wie­gen­den Teil die­se viel zu vie­len Split­ter­ka­pa­zi­tä­ten, das gin­ge auch gar nicht, son­dern Teams bei einem oder meh­re­ren Lieferanten.

In die­ser Kon­stel­la­ti­on ein per­for­man­tes Team for­men zu wol­len ist weder mög­lich noch gewünscht. Der Grund­ge­dan­ke die­ses fata­len Orga­ni­sa­ti­ons­mus­ters ist ja auch nicht die opti­ma­le Zusam­men­ar­beit auf ein gemein­sa­mens Ziel, son­dern die Kon­trol­le und Absi­che­rung der Inter­es­sen der jewi­li­gen Abtei­lung im Pro­jekt. Wenn alle Aspek­te mit Rol­len abge­deckt sind und jeder ordent­lich für sich sorgt, so die Idee, ist das Pro­jekt auch gut ver­sorgt. Theo­re­tisch jeden­falls. Prak­tisch wird es eigent­lich immer an den Schnitt­stel­len zwi­schen den Frak­tio­nen im Pro­jekt „span­nend“.

Indi­vi­du­al com­mit­ment to a group effort – that is what makes a team work, a com­pa­ny work, a socie­ty work, a civi­liza­ti­on work.
Vin­ce Lombardi

Der klu­ge Pro­jekt­lei­ter dringt daher immer auf Voll­zeit­kräf­te und besetzt Rol­len mög­lichst in Per­so­nal­uni­on, um das Team mög­lichst klein zu hal­ten. Dar­über­hin­aus hilft eine hohe Ver­net­zung aller Betei­lig­ten. Ganz ent­schei­dend aber ist es, dass der Pro­jekt­lei­ter sich sei­ner Füh­rungs­auf­ga­be mög­lichst aus­schließ­lich wid­met, um das Über­maß an Akteu­ren eini­ger­ma­ßen auf ein gemein­sa­mes Ziel aus­zu­rich­ten. Wofür er lei­der oft nicht aus­rei­chend Zeit hat, weil er ja meist auch noch sein bes­ter Mit­ar­bei­ter und Top-Exper­te ist und genau das auch von ihm erwar­tet wird, aber das ist eine ande­re Geschichte.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

4 Kommentare

Das Pro­blem mit der Matrix ist, dass Matrix nicht gelebt wird!
Mei­ne Erfah­rung ist die, dass in Pro­jek­ten (IT) über 400PT nur sinn­voll mit einer Strong Matrix Orga­ni­sa­ti­on durch­ge­führt wer­den kann.

Was beinhal­tet dies?
1. Den Lead über das Staf­fing hat das Pro­jekt (oder des­sen Manager)
2. Die Dis­zi­pli­na­ri­sche Hoheit geht für die Pro­jekt­lauf­zeit auf den PM über.
3. Die Pro­jek­te sind außer­halb der Linie direkt unter dem Vor­stand auf­ge­hängt um Inter­es­sen­kon­flik­te zu vermeiden.

Linie und Pro­jekt haben oft unter­schied­li­che Inter­es­sen. Der Lini­en­vor­ge­setz­te ver­sucht eine mög­lichst gute Aus­las­tungs­quo­te zu errei­chen, der PM ver­sucht mit mög­lichst wenig Auf­wand das Pro­jekt umzu­set­zen. Daher muss ein Pro­jekt außer­halb der Lini­en­or­ga­ni­sa­ti­on ver­ant­wor­tet werden.

In Deutsch­land – einem Land ohne Pro­jekt­kul­tur – liegt die Macht der Unter­neh­men in der Linie. Dies ist ein Grund, wes­halb, zumin­dest in der IT, sovie­le Pro­jek­te schei­tern oder defi­zi­tär sind. Ohne die tem­po­rä­re Ver­schie­bung der Ver­ant­wor­tung von der Linie ins Pro­jekt bleibt der PM Die­ner zu vie­ler Her­ren und wird immer nur sub­op­ti­ma­le Kom­pro­mis­se schlie­ßen kön­nen um zwi­schen den Stüh­len auf denen er sitzt sich durchzulavieren.
Ich ver­su­che dies gera­de, mal wie­der, umzu­set­zen und sto­ße, mal wie­der, auf den Wider­stand der Linie.

Jens von Gersdorff

Dan­ke für Dei­nen Kom­men­tar, Jens. Ich kann das nur unter­strei­chen, sowohl die feh­len­de Pro­jekt­kul­tur als auch Dei­ne For­de­rung nach einer tem­po­rä­ren Ver­schie­bung der Ver­ant­wor­tung von der Linie ins Pro­jekt. Die drei Punk­te hal­te ich für sinn­vol­le For­de­run­gen, die aber in Deutsch­land sicher­lich auf wenig Gegen­lie­be in unse­ren Lini­en­or­ga­ni­sa­tio­nen sto­ßen wer­den. Mich wun­dert die feh­len­de Pro­jekt­kul­tur gera­de in Unter­neh­men die vie­le gro­ße (IT-)Projekte machen und die meis­ten auch nicht wirk­lich gut machen, aber an die­sem Dog­ma der star­ken Linie nichts ändern wol­len. Ande­rer­seits: wer soll­te das ändern? Höchs­tens die­je­ni­gen Mana­ger, die müh­sam für ihren Auf­stieg in der Linie gekämpft haben. Und war­um soll­ten sie das tun?

Oder die Pro­ject Mana­ger wie wir es gera­de machen. Eben auch gegen den Wider­stand der Linie, die natür­lich „Macht­ver­lust“ befürch­tet. Aber es geht nicht um Macht son­dern um Erfolg.

Mich wun­dert es übri­gens auch. Und Du hast den Grund auch sel­ber genannt. Aber es kann ver­än­dert wer­den. Und was man ver­än­dern kann, soll­te man auch. ;-) Ich bin da kämp­fe­ri­scher Optimist!

Deutsch­land – ein Land ohne Projektkultur “

So gelas­sen die­se Aus­sa­ge wirkt, so bedeu­tend ist sie für das Ver­ständ­nis der Schick­sa­le vie­ler ambi­tio­nier­ter (und aus­sichts­rei­cher) Projekte.

Wer schon Pro­jek­te außer­halb Deutsch­lands abge­wi­ckelt hat, wun­dert sich immer wie­der über das Gesche­hen in deut­schen Büros.

Nicht nur die übli­chen Intri­gen und Macht­ge­plän­kel, auch das schlich­te Igno­rie­ren der Anfor­de­run­gen in Pro­jek­ten las­sen einen staunen.
Ich habe oft die Erfah­rung gemacht, daß Pro­jek­te im Rän­ke­spiel der Pro­fit Cen­ter buch­stäb­lich aus­ge­hun­gert wurden.
Die Leu­te abge­zo­gen, die Bud­gets bis ins Nichts gestri­chen; und dazu der Sta­tus ent­we­der als Was­ser­me­lo­ne (innen rot, außen grün) oder gleich gar nicht gemeldet.

Aber nicht nur die Sabo­ta­ge­maß­nah­men, auch die Über­ad­mi­nis­tra­ti­on schla­gen hier zu.
In Deutsch­land scheint jeder Mit­ar­bei­ter über jede Sekun­de sei­ner Net­to­ar­beits­zeit Rechen­schaft able­gen zu müssen.
Wer nicht min­des­tens 100% Aus­las­tung mel­det, gewinnt regel­mä­ßi­ge Feed­back­ge­sprä­che. Und der Pro­jekt­lei­ter ist in der Regel machtlos.

Ich stim­me Jens von Gers­dorff zu:
Dort, wo Pro­jek­te (egal wel­cher Art und Cou­leur) abge­wi­ckelt wer­den sol­len, braucht es die gute alte Pro­jekt­orga­ni­sa­ti­on in Ver­ant­wor­tung der Pro­jekt­lei­ter bzw. der Projektleitungsteams.

Ich bin nach wie vor der Mei­nung, daß die gän­gi­gen Matrix­kon­zep­te von vorn­her­ein zum Schei­tern ver­ur­teilt sind, und unter­stüt­ze die oft pro­pa­gier­ten TaskForce-Model­le, die dem Pro­jekt­team eine zwar tem­po­rä­re, aber belast­ba­re und von der Linie nicht mehr abhän­gi­ge Orga­ni­sa­ti­on als Unter­bau mit auf den Weg geben.

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