Der Aktionismus-Reflex

Agiles Vor­ge­hen basiert auf Offen­heit und Ver­trau­en. So banal die For­de­rung nach die­sen Wer­ten klingt, so schwer tun sich klas­sisch-tay­lo­ris­ti­sche Orga­ni­sa­tio­nen und ihre Mana­ger damit. Zu tief sitzt das Bedürf­nis nach Steue­rung, Pla­nung und Kon­trol­le. In sol­chem Umfeld muss Offen­heit und Trans­pa­renz geschützt wer­den vor all­zu eif­ri­gen Mana­gern, die bei den ers­ten Pro­ble­men sofort mit der Maß­nah­men­keu­le anrücken.

Build pro­jects around moti­va­ted indi­vi­du­als. Give them the envi­ron­ment and sup­port they need, and trust them to get the job done.
Prin­ci­ples behind the agi­le manifesto

Es ist völ­lig nor­mal, dass agi­le Teams nicht sofort per­fekt und rei­bungs­los zusam­men­ar­bei­ten, genau­so wie jedes ande­re Team auch. In der Regel neh­men sich Teams bei den ers­ten Sprints mehr vor als sie dann schaf­fen. Dafür gibt es dann Retro­spek­ti­ven in denen das Team die eige­nen Abläu­fe kon­ti­nu­ier­lich ver­bes­sert. So steigt nach und nach die Leis­tung des Teams. Zwi­schen­durch kann es aus ver­schie­de­nen Grün­den immer wie­der zu Rück­schlä­gen kom­men, bei­spiels­wei­se durch einen Wech­sel im Team, genau­so wie bei jedem ande­ren Team auch. Auch hier greift die eigen­ver­ant­wort­li­che und intrin­sich moti­vier­te kon­ti­nu­ier­li­che Ver­bes­se­rung des Teams im Rah­men der Retrospektiven.

At regu­lar inter­vals, the team reflects on how to beco­me more effec­ti­ve, then tunes and adjus­ts its beha­vi­or accordingly.
Prin­ci­ples behind the agi­le manifesto

Durch die prin­zi­pi­el­le Offen­heit von agi­lem Vor­ge­hen und durch die Lie­fe­rung von über­prüf­ba­ren Ergeb­nis­sen in kur­zen Abstän­den las­sen sich sol­che Schwan­kun­gen in der Team­leis­tung nicht mehr so ver­heim­li­chen wie im Was­ser­fall­mo­dell. Wenn nun der eif­ri­ge Mana­ger hört, dass das Team nicht wie erwar­tet arbei­tet oder noch schlim­mer ein ehe­mals ein­ge­schwun­ge­nes Teams nicht mehr so gut arbei­tet, löst das auto­ma­tisch eine Art Aktio­nis­mus-Reflex aus. Maß­nah­men müs­sen her und zwar sofort. Selbst­ver­ständ­lich mit Ver­ant­wort­li­chen und Ter­min zur Nach­ver­fol­gung der Abar­bei­tung und Wirk­sam­keit der Maßnahmen.

Du kannst noch so lan­ge an der Oli­ve zup­fen, sie wird des­halb nicht frü­her reif.
Sprich­wort aus der Toskana

Die­ser schwe­re Ein­griff in die Auto­no­mie des Teams wird meis­tens gar nicht als sol­cher wahr­ge­nom­men, son­dern vom Mana­ger oft sogar als sei­ne Pflicht ange­se­hen. Das Team deu­tet die­se „Hil­fe“ zu Recht als Aus­druck des Miss­trau­en und Kon­trol­le. Als agil auf­ge­klär­ter Mana­ger muss man sei­nen antrai­nier­ten Akti­ons­is­mus-Reflex in Zaum hal­ten. Es spricht nichts dage­gen, sich die Ergeb­nis­se von Retro­spek­ti­ven zei­gen zu las­sen, um ein Gefühl dafür zu bekom­men, ob die kon­ti­nu­ier­li­che Ver­bes­se­rung auch gelebt wird. Und natür­lich darf man Hil­fe anbie­ten. Alles aber auf Augen­hö­he unter erwach­se­nen Men­schen ohne in den klas­si­schen Modus der Infan­ti­li­sie­rung der Mit­ar­bei­ter zu verfallen.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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