Wir statt die!

Unse­re Arbeits­kul­tur ist in vie­len Fäl­len auf Ver­ein­ze­lung und Kon­kur­renz aus­ge­rich­tet. Das beginnt bereits in der Grund­schu­le (oder mitt­ler­wei­le schon vor­her) und zieht sich in der Regel durch das gesam­te Arbeits­le­ben. Team­ar­beit, Pro­jek­te und heh­re Unter­neh­mens­wer­te wie Ver­trau­en und Wert­schät­zung hel­fen da nur bedingt, wenn am Ende des Jah­res im Wesent­li­chen die indi­vi­du­el­le Leis­tung zählt und die­se im Sti­le eines Null­sum­men­spiels viel­leicht sogar in Kon­kur­renz zur Leis­tung der ande­ren steht. In einem sol­chen Umfeld kann Agi­li­tät nicht gedei­hen. Das Para­dig­ma agi­ler Zusam­men­ar­beit lau­tet ein­deu­tig Koope­ra­ti­on: im Team, zwi­schen Team und Kun­den und zwi­schen Teams. David Mar­quet hat­te dafür eine genau­so ein­fa­che wie effek­ti­ve Regel auf sei­nem Atom-U-Boot USS San­ta Fe: „The­re is no ‚they‘ on San­ta Fe!“. Wir statt die!

One of the things I tried to chan­ge was the col­la­bo­ra­ti­on-com­pe­ti­ti­on boun­da­ry. When I got to San­ta Fe, peo­p­le within the ship were com­pe­ting with one ano­ther: depart­ment heads for the top fit­ness report spot, nukes against sup­p­ly for bla­me on who didn’t order the part, and so on. We deli­bera­te­ly pushed that boun­da­ry to the skin of the ship. We’d say “The­re is no ‘they’ on San­ta Fe.” We wan­ted coope­ra­ti­on within the ship and the com­pe­ti­ti­on to be against the other sub­ma­ri­nes or, bet­ter yet, the poten­ti­al enemy.
David Mar­quet

Das Pro­blem der wenig wert­schöp­fen­den Kon­kur­renz und der Suche nach den Schul­di­gen statt der gemein­sa­men Besei­ti­gung des Pro­blems ist vie­len sicher­lich ver­traut. So ver­traut, dass wir es gar nicht mehr hin­ter­fra­gen. Das ist eben so und über­all so. Weder auf einem Atom-U-Boot noch in irgend­ei­ner ande­ren Orga­ni­sa­ti­on ist die­se Fokus­sie­rung nach innen aber sinn­voll und . Die Wir­kung und der Zweck einer Orga­ni­sa­ti­on liegt immer außer­halb und genau dar­auf muss die Zusam­men­ar­beit aus­ge­rich­tet wer­den: Mit­ein­an­der statt Neben- oder sogar Gegen­ein­an­der.

Erstaun­lich effek­tiv ist die­ser klei­ne sprach­li­che Kniff, nicht mehr von den ande­ren reden zu dür­fen, son­dern nur noch von wir. Aus einer Schuld­zu­wei­sung wie „Die im Ein­kauf sind mit der Bestel­lung zu lang­sam!“ oder am bes­ten gleich pau­scha­li­siert „Die im Ein­kauf sind immer zu lang­sam!“ wird durch die­se Regel ein „Wir sind zu lang­sam im Bestel­len.“ Damit wan­dert der Fokus von der Schuld­fra­ge auf das Pro­blem. Aus einem wert­lo­sen Kampf um Posi­tio­nen und Egos wird so eine wert­schöp­fen­de Dis­kus­si­on um gemein­sa­me Lösungen.

Eine ähn­li­che Wir­kung hat das eigent­lich aus dem Impro­via­ti­ons­thea­ter stam­men­de „Ja, und“: Anstatt wie üblich mit offe­nem Wider­spruch oder wenigs­tens einem „Ja, aber“ in der Dis­kus­si­on zu reagie­ren führt die­se Regel dazu, dass man das Gesag­te wirk­lich aner­kennt und nicht klein redet, son­dern es sogar wei­ter­führt. Wie­der wird aus einem Gegen­ein­an­der ein Mit­ein­an­der. So sim­pel die­se Regeln klin­gen, so schwie­rig ist es sie kon­se­quent zu befol­gen. Trotz­dem oder gera­de des­we­gen lohnt sich ein Versuch.

Two roads diver­ged in a wood … I took the one less tra­vel­led by, and that has made all the difference.
Robert Frost

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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