Die Ästhetik des Scheiterns

In Japan gibt die Kunst des Kint­su­gi. Bei die­ser tra­di­tio­nel­len Repa­ra­tur­me­tho­de wird zer­bro­che­ne Kera­mik mit einem Lack geklebt in den Gold‑, Sil­ber oder Pla­tin­pul­ver gemischt wur­de. Anstatt die Bruch­stel­len best­mög­lich zu kaschie­ren, wer­den die­se her­vor­ge­ho­ben. Der Makel wird als wich­ti­ger Teil der His­to­rie des Objekts betrach­tet und genau in die­ser ein­zig­ar­ti­gen Unvoll­kom­men­heit wird die eigent­li­che Schön­heit gese­hen. In die­ser kunst­vol­len Repa­ra­tur zeigt sich deut­lich das Prin­zip des Wabi-Sabi, das von bud­dhis­ti­schen Autor Taro Gold tref­fend als „the wis­dom and beau­ty of imper­fec­tion“ beschrie­ben wird.

I have not fai­led. I’ve just found 10,000 ways that won’t work.
Tho­mas A. Edison

Es ist alles eine Fra­ge der Ästhe­tik im ursprüng­li­chen Wort­sinn, der nichts mit Schön­heit zu tun hat son­dern ledig­lich Wahr­neh­mung bedeu­tet. Eine zer­bro­che­ne Tee­scha­le kann einer­seits als Kata­stro­phe und als Ende der Scha­le wahr­ge­nom­men wer­den oder ande­rer­seits als Über­gang zu einem ande­ren und noch schö­ne­ren Zustand gese­hen wer­den. Die zer­bro­che­ne Tee­scha­le bleibt immer gleich, nur unse­re Sicht dar­auf und unser Umgang damit ändert sich.

Suc­cess is not final, fail­ure is not fatal: it is the cou­ra­ge to con­ti­nue that counts.
Win­s­ton Churchill

Die­se Ästhe­tik der Unvoll­kom­men­heit lässt sich über­tra­gen auf unse­ren Umgang mit dem Schei­tern. Sehen wir in dem Schei­tern eines Ver­suchs, einem Irr­weg in unse­rem Leben, einer nicht-gerad­li­ni­gen Bio­gra­fie oder einer geschei­ter­ten Geschäfts­idee einen Makel, für den wir uns schä­men und den wir ver­ber­gen, oder sehen wir dar­in eine wich­ti­ge Erfah­rung, die zu unse­rer ein­zig­ar­ti­gen Per­sön­lich­keit bei­trägt und die wir stolz her­vor­he­ben? Ich wür­de mir mehr Unter­neh­men und eine Gesell­schaft wün­schen, in der wir das ehr­li­che Bemü­hen min­des­tens genau­so schät­zen wie das per­fek­te Spalt­maß. Ich wür­de mir wün­schen, dass wir Schei­tern als Chan­ce und wesent­li­chen Bei­trag zu unse­rer Ent­wick­lung begrei­fen und weni­ger als Schick­sals­schlag. Und ich wür­de mir wün­schen, dass wir neben all dem Wis­sen und all der Inge­nieurs­kunst auch den Mut haben, mit die­ser Hal­tung den gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen unse­rer Zeit zu begegnen.

You can’t con­nect the dots loo­king for­ward you can only con­nect them loo­king back­wards. So you have to trust that the dots will somehow con­nect in your future. You have to trust in some­thing: your gut, desti­ny, life, kar­ma, wha­te­ver. Becau­se belie­ving that the dots will con­nect down the road will give you the con­fi­dence to fol­low your heart, even when it leads you off the well worn path.
Ste­ve Jobs

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

4 Kommentare

Hal­lo Mar­kus! Abso­lut! Ich selbst bin beruf­lich bis­lang noch nicht geschei­tert.. Aber die­se Her­an­ge­hens­wei­se lässt sich nahe­zu auf jede Lebens­si­tua­ti­on projizieren.
VG Birgit

Vie­len Dank, Bir­git. So rich­tig geschei­tert bin ich auch nicht, aber so rich­tig HR-kom­pa­ti­bel gerad­li­nig ist mein Lebens­lauf auch nicht. Und das ist gut so.

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