Führen wie ein Yogi: Fünf Prinzipien zum Umgang mit der Welt

Yoga wird gemein­hin in unse­rer west­li­chen Welt mit mehr oder weni­ger anspruchs­vol­len Kör­per­hal­tun­gen in Ver­bin­dun­gen gebracht. Tat­säch­lich sind die­se soge­nann­ten Asa­nas aber die drit­te von acht Stu­fen des klas­si­schen Yoga­wegs wie er von Patan­ja­li im Yoga­su­tra beschrie­ben wur­de. Auf der ers­ten Stu­fe die­ses Wegs ste­hen mit den fünf Yamas Ver­hal­tens­re­geln zum Umgang mit sich selbst und der Welt. Ähn­lich wie die sie­ben Tod­sün­den der katho­li­schen Kir­che las­sen sich die­se Regeln sehr gut nut­zen, um das eige­ne Füh­rungs­ver­hal­ten zu reflektieren.

Ahimsa – Nichtverletzen

Ihr Wahl­spruch lau­tet: „Und bist du nicht wil­lig so brau­che ich Gewalt“. Sie geben immer vol­len Ein­satz ohne Rück­sicht auf Ver­lus­te. Am liebs­ten sit­zen Sie bis spät­abends in Ihrem War-Room und stel­len den ande­ren im Rah­men Ihrer Task-Force mal so rich­tig das Gas ein. Druck ist gut, mehr Druck ist bes­ser. Die gan­zen Min­der­leis­ter kom­men doch sonst nicht in Bewegung!

Auge um Auge – und die gan­ze Welt wird blind sein.
Mahat­ma Gan­dhi (zuge­schrie­ben)

Him­sa bedeu­tet im Sans­krit Gewalt und Ahim­sa das Gegen­teil, also Nicht-Gewalt. Ahim­sa meint aber mehr als die Abwe­sen­heit von Gewalt, son­dern den bewuss­ten, respekt­vol­len, freund­li­chen und nach­hal­ti­gen Umgang mit der Welt, den Mit­men­schen und sich selbst, denn nur wer sich selbst füh­ren kann, kann ande­re füh­ren. Die­se Gewalt­lo­sig­keit beschränkt sich nicht auf Taten, son­dern beginnt immer bei Gedan­ken und den Wor­ten. Ahim­sa bedeu­tet den Men­schen in sei­ner Ein­zig­ar­tig­keit wert­zu­schät­zen und sei­ne Fähig­kei­ten best­mög­lich zum Ein­satz zu brin­gen für die gemein­sa­me Sache. Wert­schöp­fung durch Wert­schät­zung, wie Bodo Jans­sen das bei Ups­tals­boom genannt hat. Füh­rung ist nicht län­ger Pri­vi­leg und schon gar nicht das Pri­vi­leg, Druck aus­zu­üben und Angst zu ver­brei­ten. Füh­rung ist eine Dienst­leis­tung. Die Dienst­leis­tung, Men­schen erfolg­reich zu machen.

Satya – Wahrhaftigkeit

Sie sind Meis­ter der der Kar­rie­re­pla­nung. Ihr stra­te­gi­scher Lunch­ka­len­der ist auf Mona­te im Vor­aus voll. In die­sen vie­len infor­mel­len Gesprä­chen, schaf­fen Sie es, sich selbst gut und ande­re schlecht aus­se­hen zu las­sen. Hät­ten Sie ein Wap­pen, Ihr Wap­pen­tier wäre das Cha­mä­le­on. Geschmei­dig pas­sen Sie sich und Ihre Mei­nung an das Gegen­über an und nut­zen alle sich bie­ten­den Chan­cen oppor­tu­nis­tisch zu Ihrem Vor­teil.

Je wahr­haf­ti­ger ein Mensch spricht, des­to mäch­ti­ger wer­den sei­ne Worte
T. K. V. Desikachar

Satya bedeu­tet im Sans­krit Wahr­haf­tig­keit. Auch die­se Wahr­haf­tig­keit beginnt bereits bei Gedan­ken, aus den dann wahr­haf­ti­ge Wor­te und Taten wer­den. In dem Sin­ne for­dert Satya Kon­gru­enz von Den­ken, Reden und Han­deln. Wahr­haf­tig­keit bedeu­tet auch und gera­de, sich selbst nichts vor­zu­ma­chen und sich auch Feh­ler ein­zu­ge­ste­hen. Gegen­über ande­ren Men­schen muss hin­ge­gen immer eine Balan­ce zwi­schen Wahr­haf­tig­keit und Gewalt­lo­sig­keit gefun­den wer­den. Hilf­reich dazu ist sicher­lich die gewalt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on nach Mar­schall B. Rosen­berg.

Asteya – Nichtstehlen

Das Leben ist eine Büh­ne auf der Sie sich für die Ergeb­nis­se Ihrer Mit­ar­bei­ter fei­ern las­sen. Das haben Sie ver­dient, schließ­lich wür­de hier ja ohne Sie nichts funk­tio­nie­ren. Und wenn doch mal etwas schief­geht, bege­ben Sie sich per­sön­lich auf die Suche nach dem Schuldigen.

Wer was gel­ten will,
Muß and­re gel­ten lassen.
Johann Wolf­gang von Goethe

Steya bedeu­tet im Sans­krit Steh­len und Asteya folg­lich Nicht-Steh­len im Sin­ne von sich nichts zu neh­men, was einem nicht gehört oder gege­ben wur­de. Das schließt expli­zit auch geis­ti­ges Eigen­tum ein und bedeu­tet auch, sich nicht mit frem­den Federn zu schmü­cken. Füh­rung heißt eben auch das eige­ne Ego zurück­zu­neh­men, ande­re erfolg­reich machen und ihre Leis­tung wert­zu­schät­zen. Ger­ne auch mit einem ernst gemein­ten Dan­ke bei­spiels­wei­se in Form einer klei­nen Kudo-Kar­te.

Brahmacharya – Ausrichtung auf das Wesentliche

Das Eine tun und das Ande­re nicht las­sen. Ent­schei­dun­gen sind nicht Ihre Stär­ke. Sie sind mehr der Sowohl-als-auch-Typ. Alles erscheint Ihnen gleich wich­tig. Über­all könn­ten schließ­lich Chan­cen für Ihren nächs­ten Kar­rie­re­schritt lau­ern. Und das ist am Ende das ein­zi­ge, was für Sie zählt.

You can­not ove­re­sti­ma­te the unim­portance of prac­ti­cal­ly everything.
John Max­well

Brah­macha­rya setzt sich im Sans­krit zusam­men auch Brah­ma, das Wesent­li­che, das Wah­re, und char, das bewe­gen bedeu­tet. Gemeint ist also eine Bewe­gung oder Aus­rich­tung auf das Wesent­li­che. Füh­rung bedeu­tet Ori­en­tie­rung zu geben und die ver­füg­ba­ren Kräf­te und Fähig­kei­ten auf das Wesent­li­che aus­zu­rich­ten. Und das Wesent­li­che ist nicht Ihre Karriere!

Aparigraha – Nichthorten

Macht und Anse­hen sind Ihre Trieb­fe­der. Mehr Mit­ar­bei­ter, mehr Bud­get, mehr Ver­ant­wor­tung, grö­ße­res Büro, per­sön­lich zuge­wie­se­nen Park­platz, grö­ße­ren Dienst­wa­gen, first-class Flü­ge, das alles und noch viel mehr reizt und treibt Sie täg­lich an. Dafür geben Sie alles, for­dern alles von Ihren Mit­ar­bei­tern und erzie­len gute Ergeb­nis­se, egal ob es der Orga­ni­sa­ti­on nützt oder nicht.

Vie­le Men­schen benut­zen das Geld, das sie nicht haben, für den Ein­kauf von Din­gen, die sie nicht brau­chen, um damit Leu­ten zu impo­nie­ren, die sie nicht mögen.
Wal­ter Slezak

Parig­ra­ha bedeu­tet im Sans­krit soviel wie Zugrei­fen, Gier, Hor­ten und Apa­rig­ra­ha somit das Gegen­teil, also die Abwe­sen­heit des über­mä­ßi­gen Ver­lan­gens und Stre­bens nach Besitz. Füh­rung beginnt mit der Selbst­füh­rung und die­se Selbst­füh­rung beginnt mit der Klar­heit, über die eige­nen Moti­ve. Es wäre viel gewon­nen, wenn wir Orga­ni­sa­tio­nen und ihre Pro­zes­se so gestal­te­ten, dass bei allen der gemein­sa­me Sinn und Zweck im Vor­der­grund stün­de und nicht das eige­ne gie­ri­ge Ego.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

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