Nachhaltig arbeiten – Weniger ist mehr

Nach­hal­tig­keit defi­niert der Duden als ein „Prin­zip, nach dem nicht mehr ver­braucht wer­den darf, als jeweils nach­wach­sen, sich rege­ne­rie­ren, künf­tig wie­der bereit­ge­stellt wer­den kann.“ In der Regel den­ken wir bei Nach­hal­tig­keit in makro­sko­pi­schen Dimen­sio­nen unse­rer Umwelt. Für mich beginnt Nach­hal­tig­keit aber in viel klei­ne­rem Maß­stab, näm­lich bei mir selbst und dem nach­hal­ti­gen Umgang mit mei­nen eige­nen per­sön­li­chen Res­sour­cen, wie Zeit, Ener­gie und Wis­sen. Es wird Zeit, über Relik­te aus dem Indus­trie­zeit­al­ter zu reden und ins­be­son­de­re dar­über, wie effek­tiv und nach­hal­tig die strik­te zeit­li­che und räum­li­che Tren­nung von Arbeit und Leben (als wäre Arbeit kein Leben!) in Form von Acht­stun­den-Arbeits­ta­gen am gemein­sa­men Arbeits­ort ist. 

Für den Groß­teil der Men­schen in Deutsch­land und ande­ren den Indus­trie­na­tio­nen sind Arbeits­zei­ten von acht Stun­den pro Tag völ­lig nor­mal. Ger­ne auch mal mehr, und für die eher kar­rie­re­ori­en­tier­ten Kol­le­gen dann oben drauf noch die berühm­te Extramei­le. Alles im Büro selbst­ver­ständ­lich, sonst sieht ja nie­mand den Ein­satz. Prä­senz­kult wohin das Auge reicht. Rech­net man noch die Fahrt­zei­ten, sprich: Stau­zei­ten, in Bal­lungs­zen­tren hin­zu, heißt Arbeits­tag dann 7 bis 19 Uhr. Für Fami­lie, Wei­ter­bil­dung, Sport, Erho­lung bleibt da kei­ne Zeit. Der nach­hal­ti­ge Umgang mit sich selbst muss war­ten. Bis zum Wochen­en­de, bis zum Urlaub, bis zur Ren­te, bis es zu spät ist.

Es gibt wich­ti­ge­res im Leben, als bestän­dig des­sen Geschwin­dig­keit zu erhöhen.
Mahat­ma Gandhi

Der Acht­stun­den-Arbeits­tag an einem gemein­sa­men Arbeits­ort ist ein Relikt aus dem Indus­trie­zeit­al­ter. Für Wis­sens­ar­beit in Zei­ten der Digi­ta­li­sie­rung ist das Kon­zept weder ange­mes­sen noch nach­hal­tig. Wis­sens­ar­beit ist nicht klar abzu­gren­zen und fin­det nicht aus­schließ­lich in der Arbeits­zeit statt. Und Krea­ti­vi­tät fin­det eher sel­ten im Mee­ting statt. Die ent­schei­den­de Idee braucht Zeit und das mensch­li­che Gehirn braucht (nach inten­si­ver Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma) ins­be­son­de­re Leer­lauf, um die­se Idee her­vor­zu­brin­gen. Eine sinn­vol­le Balan­ce zwi­schen Anspan­nung und Ent­span­nung ist des­halb ent­schei­dend. Und acht Stun­den und mehr plus Fahrt­zei­ten ist weit jen­seits eines sol­chen sinn­vol­len und nach­hal­ti­gen Verhältnisses.

Das erken­nen mitt­ler­wei­le auch ver­schie­de­ne Orga­ni­sa­tio­nen, wenn auch nicht alle so radi­ka­le Wege beschrei­ten wie zuletzt Rhein­gans Digi­tal Enabler, die den 5‑Stun­den-Tag bei vol­lem Lohn ein­führ­ten und damit nicht weni­ger pro­duk­tiv son­dern sehr erfolg­reich sind. Von einem ähn­li­chen Phä­no­men, dass weni­ger Input bes­se­ren Out­put erzeugt berich­tet auch Hen­rik Kni­berg, der sich als Coach zwei Tage pro Woche frei von Enga­ge­ments hält und durch die dar­aus resul­tie­ren­de Fokus­sie­rung mit weni­ger Zeit mehr erreich­te. Auch extrem erfolg­rei­che uns beschäf­tig­te Men­schen wie Elon Musk, Oprah Win­frey, Bill Gates, War­ren Buf­fett und Mark Zucker­berg hal­ten sich bewusst min­des­tens eine Stun­de pro Tag frei, um zu Lesen und sich wei­ter­zu­bil­den. Und viel­leicht sind sie genau des­we­gen lang­fris­tig erfolg­reich, weil Wis­sens­ar­beit eben auch etwas mit Wis­sen und lebens­lan­gem Ler­nen zu tun hat. 

Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, ein­fach dazu­sit­zen und vor sich hin zu schauen!
Astrid Lind­gren

Ich hal­te es mitt­ler­wei­le ähn­lich wie Ste­ve Jobs und habe die Regel auf­ge­stellt an den aller­meis­ten Tagen zum gemein­sa­men Abend­essen mit der Fami­lie zu Hau­se zu sein. Die­se Zei­ten und die Tage an denen ich die Kin­der mor­gens in den Kin­der­gar­ten brin­ge sind im Kalen­der fest gebucht und ich leh­ne in schö­ner Regel­mä­ßig­keit Ter­mi­ne in die­sen Zei­ten ab. Auf der ande­ren Sei­te habe ich auch kein Pro­blem abends noch ein paar der all­fäl­li­gen E‑Mails zu beant­wor­ten oder am Wochen­en­de Blog­posts zu schrei­ben, von denen ich ohne­hin nicht sagen könn­te, ob sie Teil mei­nes Jobs sind oder nicht.

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Von Marcus Raitner

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können. Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in diesem Blog. Mehr über mich.

4 Kommentare

Hal­lo Mar­cus, herz­li­chen Dank für die­sen Post! Ich ken­ne das The­ma einer über­mä­ßi­gen Ver­schie­bung des Gleich­ge­wich­tes Rich­tung Arbeit und Leis­tung nur zu gut und kämp­fe jetzt nach ca. 25 Jah­ren mit den Fol­gen die­ses Ungleichgewichtes.
Wir müs­sen – und da bin ich selbst nun sehr aktiv gewor­den – sen­si­bli­sie­ren für das The­ma „Nach­hal­tig­keit“ in der Leis­tung jedes ein­zel­nen und vor allem für sich selbst. Nur so wer­den wir nach mei­ner Mei­nung einen bes­se­ren Schritt in eine moder­ne Arbeits­ge­sell­schaft schaf­fen, Kran­ken­kos­ten sen­ken, das Leben ins­ge­samt ver­bes­sern und somit auch zu den bes­se­ren und inno­va­ti­ve­ren Ergeb­nis­sen kommen.
Dazu ist es nötig ein Ver­ständ­nis der Zusam­men­hän­ge an die lei­ten­den und füh­ren­den­den Orga­ni­sa­tio­nen im Unter­neh­men zu brin­gen, um dann eine Ände­rung des Arbeits-Rah­mens auch über­grei­fend zu etablieren.

Hal­lo Marcus,

dan­ke für die­se Bei­trag. Lei­der hat die­ses Ver­ständ­nis in Deutsch­land noch einen wei­ten Weg. Gera­de hier habe ich oft Dis­kus­sio­nen was alles in die Arbeits­zeit fällt und was nicht. Lesen am Arbeits­platz? Nicht nur für die Füh­ren­den, son­dern auch für vie­le Kol­le­gen immer noch sehr unge­wohnt und wird eher als „nichts tun“ abge­tan. Man erzeugt ja nicht direkt einen Output.
Ich habe die­se Frei­räu­me bereits seit eini­gen Mona­ten in mei­nem Kalen­der (ich schrei­be mir vor und nach jedem Ter­min 30 Minu­ten in den Kalen­der, auch wenn ich es teil­wei­se auf­lo­ckern muss) – damit habe ich viel mehr Zeit für Gesprä­che und eben genau die­se Ruhe­pha­sen wie du sie beschreibst. Bis­her fah­re ich sehr gut damit und vor­al­lem mein Team merkt, dass ich viel mehr greif­bar bin und sie unter­stüt­zen kann.

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