Ohne Vertrauenskultur gibt es keine Agilität. Cargo-Kult ja, aber keine Agilität. Und ohne Agilität keine Chance, die Digitalisierung wenigstens zu überleben, geschweige denn davon zu profitieren. In agilen Organisation dürfen mündige und verantwortungsvolle Menschen in dezentralen Strukturen schnell kundenorientierte Entscheidungen treffen. Das braucht Vertrauen. Sie treffen diese Entscheidungen in komplexen und unsicheren Umfeldern, validieren sie durch schnelle Umsetzung und lernen insbesondere aus Misserfolgen. Und das braucht noch mehr Vertrauen.
Angesichts einer Vielzahl neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz (die gar nicht so neu ist als Konzept, aber erst jetzt durch ausreichend große Rechenleistung praktisch nutzbar wird) oder Blockchain (die es als Idee und erste praktische Umsetzung mit Bitcoin auch schon 10 Jahre gibt) spüren viele Unternehmen zunehmend den Druck der Digitalisierung als Bedrohung etablierter Geschäftsmodelle. Diese Veränderung wäre schwierig genug, wenn die neuen Geschäftsmodelle klar wären und „nur“ eine Frage der Umsetzung. So sind die Geschäftsmodelle der Digitalisierung aber nicht und wahrscheinlich waren neue Geschäftsmodelle noch nie so, sondern eher eine Frage von Versuch und Irrtum. Oder mit den Worten von Thomas Edison: „Ich bin nicht gescheitert, ich habe nur 10.000 Wege gefunden, die nicht funktionierten.“
If the rate of change on the outside exceeds the rate of change on the inside, then the end is near.
Jack Welch
In dieser Unsicherheit (und man kann getrost noch die politische Lage mit Brexit in Europa und dem immer wieder aufflammenden Protektionismus der USA unter Donald Trump in den Ring werfen) streben immer mehr langjährig erfolgreiche und entsprechend große und in ihrer Größe entsprechend starre Unternehmen nach mehr Anpassungsfähigkeit. Überall wird deshalb transformiert: Agile Transformation, digitale Transformation oder besser gleich beides zusammen. Die Flexibilität soll steigen, man will und muss schneller und effektiver werden. Darum wird das Silicon Valley rauf und runter bereist und selbstverständlich auch Spotify nicht ausgelassen. Und dann wird fleißig transformiert, umorganisiert und der Wandel gepredigt.
The greatest danger in times of turbulence is not the turbulence, it is to act with yesterday’s logic.
Peter F. Drucker
Entscheidend für den Erfolg einer solchen Transformation ist aber der Wandel der Kultur. Die Grundlage für Agilität ist eine Vertrauenskultur und basierend darauf eine Lernkultur in der die Devise Versuch und Irrtum lautet und nicht Planung und Kontrolle. Auch diese Vertrauenskultur ließe sich bei Besuchen bei den agilen und digitalen Vorreitern beobachten. Bei Spotify nimmt sich einfach jeder das benötigte neue Equipment wie Tastatur, Kabel und Maus aus einem offenen Schrank und bei Netflix gibt eine eine „Open Vacation Policy“, so dass Mitarbeiter selbst entscheiden können, wie viel Urlaub sie brauchen. Dieses Vertrauen bei kleinen Entscheidungen ist nur eine (gern verwundert bestaunte) Erscheinungsform der so wichtigen Vertrauenskultur. Im Großen gibt es in agilen Organisationen auch genau dieses Muster des Vertrauens in mündige und verantwortungsvolle Mitarbeiter, in denen Entscheidungen möglichst nah am Ort des Geschehens getroffen werden anstatt möglichst weit oben in der Hierarchie. Und so ist Reed Hastings als CEO von Netflix zu Recht stolz darauf, keine Entscheidungen zu treffen. Und genau das ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht.
We aim to make mistakes faster than anyone else. But failure without learning is just: Failure!
Daniel Ek
2 Kommentare
Dieser Meinung bin ich auch. Es funktioniert nicht, wenn man sich nur auf Optimierung und Geschwindigkeit fokussiert. Vertrauen und Firmenkultur sind der Nährboden für den Erfolg.
Und darum wäre es gut mehr wie ein Gärtner zu agieren und in den Nährboden zu investieren.