Nach den vielen detaillierten Beispielen zu ganz unterschiedlichen Themengebieten des Projektmanagements in der Serie IT-Projektcoaching scheint mir eine Zusammenfassung angebracht. Grundsätzlich sehe ich zwei Trends im IT-Projektgeschäft. IT-Projekte werden erstens zunehmen: an Zahl, an Komplexität und an Kritikalität. Zweitens werden die dafür benötigten Fachkräfte immer knapper werden. Projektteams werden also wachsen und die Zusammensetzung der Teams wird heterogener werden müssen: ein loses Geflecht aus Mitarbeitern verschiedener Dienstleister, freiberuflichen Mitarbeitern und eigenen Angestellten, umgeben und beeinflußt von immer mehr Stakeholdern. Unter diesen Rahmenbedinungen ist IT-Projektmanagement in erster Linie eine herausfordernde Führungsaufgabe.
Daher ist es sinnvoll, gezielt in den Aufbau von Führungserfahrung bei denjenigen Menschen zu investieren, die Schlüsselrollen innehaben; insbesondere gilt dies damit für die Projektleiter und Teilprojektleiter. Nur wie baut man besten Führungserfahrung auf? Ein solides theoretisches Fundament schadet sicherlich nicht und kann in diversen Seminaren erworben werden. Echte Erfahrung gibt es aber nur in der Praxis; sie muss von jedem selbst gemacht werden. Dazu braucht es Gelegenheit zum Ausprobieren. Und dabei werden notwendigerweise Fehler passieren. Man erinnere sich nur an die eigene erste Fahrstunde.
Die entscheidende Frage lautet also: Wie kann es gelingen einerseits Erfahrungen aufzubauen und damit Fehler zuzulassen ohne andererseits den Erfolg des Projekts zu gefährden? Unsere Antwort lautet IT-Projektcoaching: Ein erfahrener Projektmanager begleitet das Projekt, ist Diskussions- oder Sparringspartner, gibt Feedback und greift auch mal selbst ein.
Äußerst interessant in diesem Zusammenhang sind die Forschungsergebnisse von Wieland Cichon und Holger Günzel (nachzulesen in ihrem Interview im Harvard Business Manager 2/2011). Sie konnten nachweisen, dass theoretische Crashkurse zu Projektmanagementthemen sich nicht auf den Projekterfolg auswirkten: „Unsere These ist daher, dass auch Manager in der ersten Stresssituation das Gelernte wieder über Bord werfen.“ Die Empfehlung der beiden Wissenschaftler lautet Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen, z.B. durch eine Begleitung bei der Umsetzung des Gelernten in der Praxis. Und es braucht einen „gewissen Grad an Entschleunigung“ um das eigene Verhalten hinterfragen zu können.
Man kann die Rolle des Projektcoaches aus den eigenen Reihen besetzen. In der Regel werden aber die erfahrenen Projektmanager selbst in herausfordernden Projekten stecken und dürften kaum den notwendigen Freiraum dafür haben. Diese dürften auch meist nicht gewillt sein, bewusst in zweiter Reihe zu stehen, anderen zum Erfolg zu verhelfen (vgl. Kernkompetenzen). Daher spricht vieles für einen externen Projektcoach als gezielte Investition in den Aufbau von Führungserfahrung im Rahmen von IT-Projekten.
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